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Sport: Magische Leuchte

Defensiv-Stratege Frank Lampard ist der Fixpunkt im millionenschweren Ensemble des FC Chelsea

London. Als Frank Lampard ein kleiner Junge war, nahm ihn sein Vater öfter auf den Golfkurs in Romford mit. Während der Vater fleißig am Handicap arbeitete, ließ er seinen Sohn immer wieder rund um den Platz laufen und manchmal sogar sprinten. „Das hat mir beigebracht, ständig an mir zu arbeiten“, erinnert sich Lampard heute.

Pädagogisch wertvoll war diese Züchtigung nicht, aber sie scheint die Kondition verbessert zu haben. Jeden Freitag, bei den öffentlichen Trainingseinheiten des FC Chelsea, läuft der 26-Jährige vorneweg über den vom eisigen Wind platt gedrückten Rasen in Harlington. Und so ist davon auszugehen, dass auch im Hinspiel des Champions-League-Halbfinals beim AS Monaco (bei Redaktionsschluss noch nicht beendet) niemand weitere Wege läuft als die Nummer acht des FC Chelsea. Der Mittelfeldspieler mit dem harten Schuss und dem Gefühl für den öffnenden Pass hat als einziger Profi einer Spitzenmannschaft bisher alle 34 Ligaspiele bestritten; der letzte Premier-League-Spieltag ohne ihn fand im September 2001 statt.

Als im Sommer ein Superstar nach dem anderen dem Ruf der russischen Millionen von Roman Abramowitsch an die Stamford Bridge folgte, machte sich Lampard Sorgen um seinen Stammplatz. Doch seine bestechende Form ließ selbst Trainer Claudio Ranieri, dem römischen Meister der Rotation, keinen Raum für Experimente. Heute ist Frank Lampard im sich stetig verändernden, immer wieder neu zusammengesetzten System Chelsea mit seinem dynamischen und effizienten Spiel nicht mehr nur der heimliche Chef, sondern ein strahlender Fixpunkt.

„Magic Lamps“, die magische Leuchte, nennen ihn die Chelsea-Kollegen bewundernd. „Als ich hierher kam, war ich der kleine Junge aus West Ham, der auf einmal mit den Superstars wie Marcel Desailly spielen durfte“, sagt er. „Das war ein Schock. Jetzt fühle ich, dass ich dazugehöre, dass ich einer von denen bin.“ Ranieri schwärmt: „Er kann verteidigen, angreifen, den Ball kurz oder lang spielen. Er läuft gut, er grätscht gut, sein Charakter ist gut. Er ist der kompletteste Mittelfeldspieler der Liga.“ Auch in der Nationalmannschaft ist Lampard gesetzt.

Dabei war Lampard als Fußballer nicht immer so unumstritten. Zyniker meinten, bei seinem früheren Arbeitgeber West Ham United habe er seinen Platz weniger seinem Talent als der Tatsache zu verdanken gehabt, dass Trainer Harry Redknapp sein Onkel und sein Vater dessen Assistent war. Darüberhinaus schien ihm der frühe Ruhm auch nicht zu bekommen. Nach der EM 2000 war er mit zwei Nationalmannschaftskollegen in einen Skandal verwickelt – die drei hatten sich und eine junge Frau auf Zypern heimlich beim Sex gefilmt –, und im September 2001 pöbelte er in betrunkenem Zustand amerikanische Touristen an, die wegen des Terroranschlags in New York in einem Londoner Hotel festsaßen.

Drei Jahre später hat er sich zum absoluten Musterprofi entwickelt: „Ich esse jetzt die richtigen Sachen zum richtigen Zeitpunkt, kein Fast-Food mehr wie bei West Ham. Und ich kann sogar kochen.“ Sollte Chelsea mit dem laufstarken Mittelfeldspieler den AS Monaco aus der Champions League befördern, könnte Lampard Senior ihm schon bald wieder beim Rundendrehen zusehen – am 26. Mai, in der Arena Auf Schalke, mit dem Pokal in der Hand.

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