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Marcel Reif

© dpa

Marcel Reifs Kolumne: Live aus dem Stadion

Unser Kolumnist Marcel Reif analysiert, wie es zur aktuellen Situation auf Schalke kam - und in welche Richtung die aktuelle Entwicklung führen könnte.

Man muss weit zurückschauen, um das Drama, das sich auf Schalke abspielt zu begreifen. Bis 1997, da schlug das Herz des deutschen Fußballs im Ruhrgebiet. Borussia Dortmund gewann die Champions League, und Schalke 04 stemmte den Uefa-Cup in die Höhe. Da saßen sie nicht nur an den Fleischtöpfen, sie saßen mittendrin. Doch dann traten die Herzrhythmusstörungen auf. In Dortmund haben sie fast zum Exitus geführt, sie sind aber inzwischen ausgeheilt. Auf Schalke folgten auf den Jahrhunderttrainer Huub Stevens, der mit dem Jahrhundertmanager Rudi Assauer den Uefa-Cup holte, Wechsel, viele Wechsel, manche unverständlich, und dann kam Felix Magath. Man hat ihn sehenden Auges verpflichtet, man wusste, dass Magath alles nimmt, oder nichts. Er nahm alles, und als das nicht reichte, hinterließ er einen aufgeblähten Kader, der irgendwann implodieren musste.

Der Manager Horst Heldt hat das eigentlich prima hingekriegt, wir sollten nicht vergessen, dass Schalke immerhin noch im Achtelfinale der Champions League steht. Und auch, dass sie dann nach der Bereinigung des Magathschen Desasters, die Konsolidierung versuchten, auch das ist ihnen nicht vorzuwerfen. Aber die Konstellation mit erneut Huub Stevens hat eben nicht funktioniert so wie die Konstellation mit Jupp Heynckes beim FC Bayern. Und nun suchen sie die große Lösung, di Matteo ist im Gespräch, Veh, Tuchel, wer auch immer, bis der Heilsbringer kommt, muss ein Statthalter herhalten. Und mehr ist Jens Keller eben nicht, ein Trainer der Jugendmannschaften, der sich bei den Großen versuchen darf. Ich kann nicht beurteilen, ob er das gut macht, ob er das schlecht macht, ich kann nur beurteilen, dass er von Anfang an als zu leicht befunden wurde. Das schafft Spielern ein Alibi. Die sagen eben nicht, wir sind zu schlecht, die sagen, unser Trainer ist zu schlecht.

Und nun ist der Schlamassel groß, ach was Schlamassel, eine Katastrophe ist eingetreten. Schalke ist vom Selbstverständnis her auf das Geld der Champions League angewiesen. Bleibt das aus, wird die Schieflage noch schlimmer. Weil Schalke dann nämlich den Kontakt zu den Fleischtöpfen verliert, und das heißt heute, dass der Kontakt nur sehr schwer wieder herzustellen sein wird. Dann werden sie in Gelsenkirchen komplett umdenken müssen. Dann sind sie nämlich nicht mehr der Traditionsklub, der Meister der Herzen, der wie kein Zweiter die Emotionen der Fans bediente, dann sind sie ein Bundesligaklub, der auch mitspielt in der Liga, aber keine dominante Rolle mehr ausfüllt. Es geht um viel auf Schalke. Nach dem stolzen Blick zurück ist der Blick nach vorn erst einmal beängstigend.

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