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Sport: Marcelinho wählt Wolfsburg

Der frühere Hertha-Spielmacher verlässt die Türkei und geht zum VfL

Wolfsburg/Berlin - Die Bühne Fußball-Bundesliga hat einen ihrer Hauptdarsteller wieder. Der brasilianische Mittelfeldstar Marcelinho kehrt nach einem kurzen Gastspiel bei Trabzonspor in der Türkei nach Deutschland zurück und soll der lahmenden Offensive des VfL Wolfsburg Beine machen. „Ich bin froh, dass ich wieder in Deutschland bin und mir sicher, dass ich mit Wolfsburg in der Bundesliga ganz oben mitspielen werde“, sagte der 31-Jährige am Freitag in Wolfsburg.

Auch der VfL war nach dem Transfer des ehemaligen Hertha-Spielmachers erleichtert. „Wir sind mit Marcelinhos Verpflichtung an unsere Grenzen gegangen. Er stellt einen Meilenstein dar“, sagte Manager Klaus Fuchs. „Ich bin zuversichtlich, dass er das Stück Kreativität und Torgefahr mitbringt, das uns gefehlt hat.“ Marcelinho unterschrieb nach erfolgreichem medizinischen Check einen bis 2009 gültigen Vertrag mit einer Option auf ein weiteres Jahr für beide Seiten. Die tritt ein, wenn er laut Fuchs „eine hohe Anzahl von Spielen“ für den VfL bestreitet.

Die Bundesliga hatte der Brasilianer erst vor einem halben Jahr verlassen. Nachdem er am Ende einer Reihe von Undiszipliniertheiten auch noch zehn Tage zu spät zum Trainingsauftakt von Hertha BSC gekommen war, hatte ihn der Klub im Sommer für etwa 2,5 Millionen Euro verkauft. In der Türkei setzte sich Marcelinho nicht durch. Statt in seiner Lieblingsrolle als Spielmacher wurde er im Sturm aufgestellt. Beim VfL wird der laufstarke Profi wohl wieder hinter den Spitzen spielen und – wenn er denn zum Einsatz kommt – bereits zum Rückrundenauftakt am 27. Januar ein Wiedersehen mit den alten Kollegen feiern. Dann spielt Wolfsburg im Olympiastadion bei Hertha BSC.

Wie berichtet hatte auch Borussia Dortmund einen zentralen Mittelfeldspieler gesucht und Marcelinho ein Angebot gemacht. „So ein Wechsel wäre finanziell für uns einfach nicht darstellbar gewesen“, sagte BVB-Geschäftsführer Hans- Joachim Watzke gestern. Nach Insider-Informationen fordert Marcelinho 2,5 Millionen Euro Jahresgehalt. „Schade, dass er nicht zu uns kommt“, sagte Dortmunds Trainer Jürgen Röber. Röber hatte den Brasilianer 2001 in die Bundesliga zu Hertha geholt und in Berlin ein Jahr mit ihm zusammen gearbeitet. „Im ersten Jahr war Marcelinho nur Freude“, sagte Herthas Manager Dieter Hoeneß dazu. Der Brasilianer habe sich damals ausschließlich auf den Fußball konzentriert.

Dann aber begann Marcelinho, sich mit anderen Dingen zu beschäftigen: Er feierte bis morgens um halb fünf Karneval, nachdem sein Team aus dem Uefa-Cup ausgeschieden war. Er fuhr betrunken mit 120 Stundenkilometern über den Kaiserdamm. Er schlug Kapitän Arne Friedrich ins Gesicht, weil der ihn zu mehr Einsatz in der Defensive angehalten hatte. Sonntags kam er oft gar nicht zum Training. „Er hat eine sensible Seele“, hat Hoeneß einmal über Marcelinho gesagt. Stets führte der Brasilianer eine Armada von Freunden und Beratern mit sich. Sie gaben ihm Tipps, wie er sein Geld zu investieren habe. Marcelinho glaubte ihnen, stürzte sich in hohe Schulden. Auch nach fünf Jahren brachten die Berliner ihren Star nicht zur Vernunft. Hertha-Manager Hoeneß aber glaubt noch an das Gute in Marcelinho: „Ich denke, dass er seine Lektion gelernt hat. Gerade mit dieser Erfahrung.“ Mit „dieser Erfahrung“ meint Hoeneß die zurückliegende halbe Saison, als Marcelinho in der Türkei scheiterte.

Ein Zeichen des Umdenkens könnte sein, dass sich Marcelinho offenbar nach einer Wohnung in Wolfsburg umschauen will. „Wir werden zu 90 Prozent nicht nach Berlin ziehen“, sagte Wolfgang Nothdurft, einer seiner Berater, auf Nachfrage. Ein Restrisiko bleibt dennoch, dass Marcelinho nicht auf die Berliner Partyszene verzichtet. Der ICE von Wolfsburg braucht eine Stunde und fünf Minuten.

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