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Jose Mourinho ist wohl der bekannteste unter den portugiesischen Trainern.

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Meine Champions League: Portugal trainiert Europa

Unserem Autor Sven Goldmann ist aufgefallen: Während kein einziger Engländer einen Verein in der Uefa Champions League trainiert, betreuen gleich sechs Portugiesen als Cheftrainer einen der Teilnehmer.

In diesen Tagen hat José Mourinho mal wieder öffentlich Streit gesucht. Es ging dabei um den Stürmer Diego Costa, der den FC Chelsea zur englischen Meisterschaft schießen soll und gern auch zum Gewinn der Uefa Champions League. Weil er zwischendurch aber auch für Spaniens Nationalmannschaft in der Slowakei und in Luxemburg stürmte und von diesen Reisen eine Muskelverletzung mitbrachte, reicht es heute beim Spiel gegen NK Maribor nur zu einem Platz auf der Tribüne an der Stamford Bridge. Also hat Mourinho geschimpft. Über die Impertinenz seines Kollegen Vicente del Bosque, der dem müden Costa doch mal eine Pause hätte gönnen können, „aber die Nationaltrainer haben leider eine Macht, die wir nicht haben“. Worauf del Bosque erwiderte, der Senhor Mourinho möge sich doch bitte um Chelsea kümmern und die Aufstellung der spanischen Nationalmannschaft dem spanischen Nationaltrainer überlassen.

Dieses portugiesisch-spanische Rencontre fügt sich ganz gut in die 23. Ausspielung der Uefa Champions League. Was die Besetzung der Trainerbänke betrifft, ist die teuerste und beste und aufregendste Liga der Welt eine iberisch geprägte Veranstaltung. Fünf der 32 Mannschaften werden von Spaniern betreut und gleich sechs von Portugiesen. Das ist ein wenig überraschend für eine eher kleine Fußball-Nation, die oft auf Cristiano Ronaldo reduziert wird oder eben auf José Mourinho.

Es gibt im Kreis der europäischen Granden noch vier italienische Trainer, drei Franzosen, zwei Deutsche und interessanterweise keinen einzigen Engländer. Portugiesische Trainer arbeiten in Basel (Paulo Sousa), London (Mourinho), Monaco (Leonardo Jardim), St. Petersburg (Andre Villas-Boas) und natürlich in Portugal. Jorge Jesus etwa betreut schon seit fünf Jahren Benfica Lissabon. Im Frühjahr hat er den Klub zur 33. Portugiesischen Meisterschaft geführt, aber internationale Bekanntheit erlangte er in der Sekunde seiner größten Niederlage. Als Benfica vor einem Jahr am letzten Spieltag in der Nachspielzeit den Titel gegen den FC Porto verspielte, sank Jesus auf die Knie und weinte wie ein kleines Kind.

Bei Benfica wird ohnehin ziemlich viel geweint, vor allem wenn es um Auftritte in Europa geht. Das steht in engem Zusammenhang mit dem Fluch, den der ungarische Trainer Bela Guttmann ausgesprochen haben soll, als vor mehr als einem halben Jahrhundert sein Vertrag nicht mehr verlängert wurde: „100 Jahre lang wird Benfica keinen Europapokal mehr gewinnen!“ In den 52 Jahren nach Guttmanns Abschied hat Benfica fünfmal das Finale um den Europapokal der Landesmeister erreicht, einmal das im Uefa-Cup und zweimal das der Europa League. Alle acht Endspiele endeten mit Niederlagen. In finaler Konsequenz bedeutet diese Serie, dass Portugals bekanntester Trainer nach José Mourinho bis heute ein Ungar ist.

Zuletzt hat Benfica unter Jorge Jesus zweimal das Endspiel der Europa League verloren, und auch in der aktuellen Uefa Champions League sieht es so gut nicht aus. Nach Niederlagen gegen St. Petersburg und Leverkusen steht Benfica in Gruppe C punktlos auf dem letzten Platz. Für den von Marco Silva trainierten Stadtrivalen Sporting sieht es nur unwesentlich besser aus. Die bescheidene Ausbeute von einem Punkt aus zwei Spielen verlangt nach einem Erfolgserlebnis beim FC Schalke 04.

Marco Silva ist ein freundlicher und zurückhaltender Mensch, also so ziemlich das genaue Gegenteil von José Mourinho. Wie der berühmte Landsmann war er ein allenfalls durchschnittlich begabter Fußballspieler, beide versuchten sie sich mit bescheidenem Erfolg als Profis beim Lissabonner Klub Belenenses. Dazu hat Mourinho vor gut 20 Jahren auch mal als Co-Trainer für Sporting gearbeitet. Ende September gastierte er mit Chelsea im Estadio José Alvalade und ließ mit für ihn ungewohnter Liebenswürdigkeit ausrichten, wie sehr er Silvas Arbeit bei Sporting bewundere. Seine Mannschaft war auf dem Platz weniger rücksichtsvoll und gewann 1:0. Das Tor schoss der Serbe Nemanja Matic, ein Mittelfeldspieler, der noch zu Beginn des Jahres in Diensten von Sportings Lieblingsfeind Benfica stand.

Sven Goldmann schreibt immer dienstags in den Spielwochen der Champions League über Kicker, Klubs und Klassiker in Europas Fußball

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