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Gute Miene, böses Spiel. Das Verhältnis zwischen Fifa-Präsident Sepp Blatter (links) und Uefa-Chef Michel Platini ist seit längerem zerrüttet.

© imago

Michel Platini gegen Sepp Blatter: Der Kampf ums Fifa-Hauptquartier

Joseph Blatter hat noch ein großes Ziel: Michel Platini als seinen Nachfolger bei der Fifa zu verhindern.

Von Johannes Nedo

Er macht sich wieder auf den Weg. Joseph Blatter wird wieder reisen: nach St. Petersburg. Am Samstag wird er dort der Auslosung der Qualifikationsgruppen für die WM 2018 in Russland beiwohnen. Seit Ende Mai, also seit in Zürich sieben Fifa-Funktionäre verhaftet worden sind, hat der Präsident des Fußball-Weltverbands die Schweiz nicht mehr verlassen. Er war nicht bei der U-20-WM in Neuseeland und auch nicht bei der Frauen-WM in Kanada – offenbar, weil beide Länder Auslieferungsabkommen mit den USA haben. Schließlich hatten die US-Behörden zuletzt bei ihren Ermittlungen nicht ausgeschlossen, auch Blatter ins Visier nehmen zu wollen.

Nach Russland reist der 79-Jährige nun gern. Dort hat er nichts zu befürchten. Keine Verhaftung, keine Verhöhnung. Vielmehr werden ihm dort höchste Ehren zuteil. Am Rande der Auslosung ist ein Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin geplant. Allerdings wird Blatter im Konstantinpalast von St. Petersburg auch auf jemanden treffen, auf den er gar nicht gut zu sprechen ist: Michel Platini, Uefa-Präsident und zugleich Vorsitzender des WM-Organisationskomitees.

Ihm hatte Blatter am Montag ja wieder eine Abfuhr erteilt. Bei der Sitzung des Fifa-Exekutivkomitees hatte sich Blatter mit einem späten Termin für den außerordentlichen Fifa-Kongress durchgesetzt. Erst am 26. Februar wird sein Nachfolger gewählt. Platini und die Europäer hatten zuvor stets darauf gedrängt, schon im Dezember zu wählen. Nun hat Blatter noch sieben Monate Zeit, um die Fifa so zu verlassen, wie er es will.

Sepp Blatter hat die Zügel noch in der Hand - und nutzt seine Macht

So zeigte der Montag vor allem, dass beim Weltverband noch immer allein Blatter die Zügel in der Hand hält, und das nicht nur gegenüber den Granden im Exekutivkomitee, sondern auch innerhalb der Fifa. Denn laut Informationen des Tagesspiegels wollten bei der Pressekonferenz nach der Sitzung gerne auch andere Funktionäre sprechen, etwa Domenico Scala, interner Finanzaufseher und nun damit betraut, den Reformprozess zu begleiten. Doch Blatter schmetterte das ab. Er war bestrebt, diese Pressekonferenz zu der seinigen zu machen.

Auch die Position des Generalsekretärs Jerome Valcke ist offenbar deutlich geschwächt. Sonst nahm er immer an Blatters Seite an der Pressekonferenz teil, offiziell wurde er damit entschuldigt, dass er die Auslosung vorbereitete. Blatter will also weiter führen und seine Macht weiter behaupten – und dabei denkt er auch über seine Amtszeit hinaus. So überlege der Fifa-Präsident derzeit intensiv, wer ihm nachfolgen könne, sagen Blatter-Vertraute. Dass Platini den Schweizer beerben könnte, gefalle ihm gar nicht. Die Beziehung zwischen beiden sei schon seit Langem zerrissen, wie Fifa-Insider dieser Zeitung berichten. „Wenn ich ihn sehe, blicke ich durch ihn durch“, soll Blatter kürzlich über den Franzosen gesagt haben. Blatter sei immer wieder sauer auf Platini, weil der ihm die WM 2022 in Katar eingebrockt und mit den Europäern früher Fifa-Reformen blockiert habe, versichern Vertraute Blatters. Überdies traue er Platini schlicht und einfach nicht zu, seinen Posten zu übernehmen. Und so scheint er entschlossen, dies auch zu verhindern .

Michel Platini wird seine Kandidatur per Videobotschaft mitteilen

Doch im Hintergrund treibt Platini seine Kandidatur immer stärker voran. Laut Tagesspiegel-Quellen ist mittlerweile nur noch die Frage, wann nach der Auslosung in St. Petersburg der 60-Jährige diesen Schritt bekannt gibt. Auch die Art der Verkündung steht wohl schon fest. Platini wird keine Pressekonferenz geben, sondern wahrscheinlich per Videobotschaft seine Kandidatur mitteilen. In Zürich trat er nicht selbst vor die Kameras, stattdessen lobten ihn seine europäischen Vertrauten über alle Maßen. Der Präsident des Deutschen Fußball-Verbands (DFB), Wolfgang Niersbach, bezeichnete ihn als geeigneten Kandidaten. Und für den neuen englischen Fifa-Vizepräsidenten David Gill gibt es ebenfalls keinen Besseren. „Er ist ein Fußball-Mensch und hat die nötige Erfahrung“, betonte Gill. „Michel hat schon bei der Uefa einen erstklassigen Job erledigt.“

Platini versteht es, die Scheichs zu umgarnen - ob aus Katar oder aus Kuwait

Die Stimmen Europas, Nord- und Mittelamerikas sowie Ozeaniens sollen ihm schon sicher sein. Auch bei der Auslosung in Russland will Platini weiter um Unterstützung werben. In Zürich ist er in den vergangenen Tagen besonders bei den Asiaten offenbar einen entscheidenden Schritt vorangekommen. Vor der Fifa-Sitzung traf er sich zu Gesprächen mit dem Chef des Asiatischen Fußball-Verbands, Scheich Salman Al-Chalifa aus Bahrain, und dem einflussreichen Scheich Ahmad Al-Sabah aus Kuwait, der neues Mitglied des Fifa-Exekutivkomitees ist. Beide kontrollieren die Stimmen Asiens. Offenbar versteht es Platini sehr gut, die Scheichs zu umgarnen. Mit Katar pflegt er enge Beziehungen. Sein Sohn arbeitet für die Firma „Qatar Sport Investments“. Auch mit Kuwait ist der ehemalige Fußballprofi eng verbunden. 1988 lief er auf Einladung des Emirs von Kuwait als Gastspieler bei einem Länderspiel gegen die UdSSR für den arabischen Staat auf.

Dass die Asiaten im Weltfußball immer mächtiger werden, begrüßt wohl auch Blatter. Vertraute sagen, er möchte auf keinen Fall, dass die Fifa in Zukunft nur von Europäern geführt wird. Ein Nachfolger aus Asien würde ihm sicher gefallen. Derzeit ist er auf der Suche nach einem geeigneten Kandidaten, den er in den verbleibenden Monaten bis zur Wahl aufbauen könnte. Denn sein Ziel ist klar: Michel Platini soll auf keinen Fall auf seinen Thron steigen.

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