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Mirko Slomka, 43, ist seit Januar Trainer von Hannover 96. Er übernahm den Fußball-Bundesligisten auf Platz 16 und rettete ihn am letzten Spieltag vor dem Abstieg. Zuvor war Slomka Cheftrainer bei Tennis Borussia Berlin und dem FC Schalke 04.

© dapd

Mirko Slomka: "Ich bin äußerst konsequent"

Derzeit ist Hannover 96 die Nummer eins im Norden. Mirko Slomka spricht im Interview über seinen Trainerstil in Hannover und die Erfolge seines Teams.

Herr Slomka, Hannover 96 ist derzeit die beste Bundesliga-Mannschaft aus dem Norden. Vor dem Spiel am Samstag gegen Freiburg steht Ihr Klub vor dem Hamburger SV, vor Werder und Wolfsburg auf Platz vier. Werden Sie jetzt überall in der Stadt zum Essen eingeladen?

Es gibt nichts umsonst. Aber es macht uns stolz, die Nummer eins im Norden zu sein. Wie alle anderen müssen wir uns alles hart erarbeiten. Die Aufmerksamkeit ist eine andere. Besonders angenehm ist es, dass wir von den Menschen vertrauensvoll unterstützt werden.

Warum ist 96 derzeit so erfolgreich?

Wir haben eine positive Grundstimmung erzeugen können. Die Mannschaft ist sehr gut zusammengestellt. Wir haben junge, charakterstarke manchmal auch etwas wildere Spieler wie Lars Stindl oder Konstantin Rausch, die den Gegner sofort attackieren. Gestandene Profis wie Karim Haggui, Christian Schulz oder unser Kapitän Steven Cherundolo nehmen hingegen das Tempo raus, wenn es sein muss. Diese Mischung passt sehr gut.

Wie groß ist Ihr Verdienst daran, dass es so gut läuft?

Der Trainer hat immer einen ordentlichen Anteil daran, dass die Arbeit funktioniert. Ich fordere diese Kompetenz auch von allen anderen Mitgliedern des Teams ein. Ich arbeite ohnehin teamorientiert, bin menschlich aber auch äußerst konsequent, wenn es um die Entscheidung geht.

Eigentlich heißt es doch immer, der Slomka sei zu weich. Können Sie auch ordentlich dazwischen hauen?

Das gehört auch dazu.

Sie haben vor kurzem gesagt, 96 solle sich nicht klein reden, Platz 14 könne auf Dauer nicht der Anspruch sein. Wie formulieren Sie jetzt die Zielsetzung?

Ich habe damit gemeint, dass wir an unserem Selbstwertgefühl arbeiten sollen. Wir haben immer die Chance, Spiele gegen namhafte Gegner zu gewinnen oder an Spieler heranzutreten, von denen man glaubt, dass sie nicht zu Hannover 96 wechseln würden. Ich habe mit Schalke 04 in der Bundesliga-Spitze und der Champions League gespielt. Davon sind wir hier, was die Voraussetzungen betrifft, gar nicht so weit weg. Mit dem Manager und dem Präsidenten arbeite ich daran, dass wir ein Selbstverständnis dafür entwickeln, dass Hannover 96 ein richtig guter Bundesligaverein ist.

Sie wurden zu Beginn der Saison als erster Anwärter auf eine Entlassung gehandelt. Wie reagieren Sie auf so etwas?

Am besten gar nicht. Es hat mich zwar gewundert, dass ich ganz oben auf der Liste stand, aber nicht belastet. Ich spüre jetzt auch keine Genugtuung, weil es gut läuft.

Sie sind drei Monate nach dem Selbstmord von Robert Enke Trainer von 96 geworden. Wie haben Sie den Weg zurück in die Normalität gefunden?

Dieses Thema ist in einer Leistungsgesellschaft schwierig zu behandeln. Der Einzelne oder die Mannschaft will schließlich nicht als Versager dastehen. Es war sehr schwer, die Situation sportlich zu handhaben. Wir haben mit einem Psychologen gearbeitet. Ich habe an kleinen Dingen gefeilt: Wie kann ich mich als Spieler nach einem gewonnen Zweikampf oder nach einem Tor wieder freuen? Wie kann ich das Lachen wieder zurück auf die Gesichter der Spieler bringen? In der Trauer tut man so etwas nicht gern. Ich hätte nicht gedacht, dass es so schwer wird, den Abstieg zu verhindern.

Was haben Sie dann konkret unternommen?

Wir haben kleine Spielchen und Duelle im Training veranstaltet. Ich habe versucht, den Spielern Freude und Motivation vorzuleben. Es hat lange gedauert, bis sich diese Zustände wieder eingestellt haben. Im letzten Saisonspiel in Bochum ist von den Spielern einiges abgefallen. Es gab Tränen des Glücks, weil wir nicht abgestiegen sind, aber auch Tränen des Abschieds von Robert. So eine Saison kann man nicht einfach verkraften.

Das Gespräch führte Matthias Bossaller.

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