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Sport: Mit dicken Beinen

Im letzten Testspiel vor dem Konföderationen-Pokal spielt Deutschland 2:2 gegen Russland

Spätestens in der 7. Minute war auch den Gästen klar, worauf sie sich eingelassen hatten. Marat Ismailow war soeben am Mittelkreis im Borussia-Park zusammengesunken, weil Michael Ballack ihm in den rechten Knöchel gerutscht war. Als er kurz darauf ausgewechselt werden musste, wusste der Russe: Das hier ist kein Freundschaftsspiel. Ein Jahr vor der Weltmeisterschaft im eigenen Land gibt es für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft keine Freundschaftsspiele mehr. Im letzten Test vor dem Beginn des Konföderationen-Pokals in einer Woche spielte das Team gestern in Mönchengladbach 2:2 (1:1) gegen Russland.

Das Nicht-Freundschaftsspiel vor 46 228 Zuschauern war das erste Länderspiel überhaupt, das in der Stadt fünfmaligen Deutschen Meisters stattfand. Im Vergleich zum 4:1-Sieg in Nordirland am Sonnabend stellte Bundestrainer Jürgen Klinsmann sein Team auf mehreren Positionen um. Im Falle von Robert Huth tat er das notgedrungen, für den Rotgesperrten Verteidiger rückte der Berliner Arne Friedrich in die Mannschaft. Darüber hinaus gab Klinsmann im Sturm Lukas Podolski statt Kevin Kuranyi, im Mittelfeld Bastian Schweinsteiger an Stelle von Fabian Ernst und in der Abwehr Andreas Hinkel eine Chance, der für Patrick Owomoyela ins Team rückte. Im Tor löste Oliver Kahn nach zwei Spielen Jens Lehmann wieder ab. Auf russischer Seite hatte Juri Sjomin in seinem zweiten Spiel als Nationaltrainer sechs Spieler seines ehemaligen Vereins Lokomotive Moskau in die Startelf berufen und dazu vier des Uefa-Pokalsiegers ZSKA Moskau.

Sjomins taktische Vorgaben boten Klinsmann ein Vorgeschmack darauf, was sein Team in einer Woche und in einem Jahr bei den Turnieren vor eigenem Publikum erwartet: Die Russen präsentierten sich sehr defensiv, überließen den Deutschen weitgehend das Spielfeld und versuchten, über Konter zum Erfolg zu kommen. Mit dieser Situation konnte die deutsche Elf anfangs nur bedingt etwas anfangen. Lediglich die linke Angriffsseite mit Schweinsteiger und Podolski trat in der ersten Viertelstunde positiv in Erscheinung. Der Kölner Podolski hatte mit zwei Weitschüssen die besten Chancen.

Die Konter der Russen beförderten dafür wieder das drängendste Problem der deutschen Mannschaft zu Tage: die Verteidigung. In der 26. Minute ermöglichten zeitgleiche Stellungsfehler der Innenverteidiger Per Mertesacker und Arne Friedrich das Führungstor der Russen durch Alexandr Anjukow. Dies wiederum führte dazu, dass sich langsam eine neue Qualität im deutschen Team etabliert: Wie schon am Sonnabend in Belfast zeigte es sich vom frühen Rückstand kaum beeindruckt. Nach einer Eingabe von Hinkel führte eine Zusammenarbeit der beiden besten deutschen Spieler in der 30. Minute zum Ausgleich: Podolski legte ab, und Schweinsteiger erzielte mit einem Flachschuss sein erstes Länderspieltor zum 1:1. Der Rest der ersten Halbzeit fand fast ausschließlich in der russischen Hälfte statt. In der 45. Minute vergaben erst Mertesacker und später Ballack aus kurzer Distanz nach Eckbällen die mögliche Führung.

In der zweiten Halbzeit brachte Klinsmann in Sebastian Deisler für Andreas Hinkel einen weiteren offensiven Spieler, um die Verteidigung der Russen stärker unter Druck setzen zu können. Eine Viertelstunde später machte Gerald Asamoah dem neunten Debütanten in der Ära Klinsmann Platz: dem 21-Jährigen Mike Hanke. Doch auch sie konnten der durch die schweren Trainingseinheiten der vergangenen Tage ausgelaugten Mannschaft (Klinsmann sprach von „dicken Beinen“) kaum Impulse verleihen. Nur einer wirkte wirklich frisch: Bastian Schweinsteiger. In der 70. Minute umdribbelte der Münchner drei Gegenspieler und erwischte Torwart Otwschinnikow bei seinem Schuss aus 16 Metern auf dem falschen Fuß zum 2:1. Zum Sieg reichte das nicht: In der Nachspielzeit erzielte Kerschakow nach einem Konter den 2:2-Endstand.

Mitte der zweiten Halbzeit wurde übrigens auch der müde wirkende Michael Ballack an die Bedeutung des Spiels erinnert. Dimitri Sennikow trat ihm auf den linken Knöchel – doch Ballack blieb unverletzt und vergab kurz darauf die große Chance zum 3:1. Vielleicht die beste Nachricht des Spiels für Jürgen Klinsmann.

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