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Sport: Momente des Glücks

Im Fußball zählt Zypern nicht mehr zu den Kleinen

Nikosia - Wer sich nach jedem Spiel auf den Allmächtigen beruft, hat es nicht leicht im Fußball. Angelos Anastasiadis ist jemand, der wegen seiner offen zur Schau gestellten Frömmigkeit in der Branche als skurriler Typ gilt. „Gott wollte es so“, ist eine gängige Wendung des 53 Jahre alten Griechen, und mit seinen Spielern pilgert der Trainer der Fußballnationalelf Zyperns regelmäßig zu Abteien im Umkreis der Hauptstadt Nikosia. Auch für das Spiel gegen Deutschland am Mittwoch wird Anastasiadis vermutlich wieder die Nähe Gottes suchen. Dass es aller Voraussicht nach nicht zu einem ähnlichen Ergebnis kommt wie beim letzten Aufeinandertreffen vor 37 Jahren beim 0:12 in Essen, ist aber wohl eher seinen eigenen Fähigkeiten zu verdanken. Anastasiadis gilt als Disziplinfanatiker und gewiefter Taktiker und hat seine Kompetenz schon in der Champions League unter Beweis gestellt, als er 2000/01 mit Panathinaikos Athen den HSV und Juventus Turin besiegte.

Ob mit oder ohne göttlichen Beistand – in der jüngeren Vergangenheit haben Zyperns Fußballer den Abstand zu Europas Spitze verringern und einige beachtliche Erfolge erringen können. Der jüngste liegt erst fünf Wochen zurück: Die Zyprioten bezwangen Irland in Nikosia sensationell mit 5:2. 1998 besiegten sie Spanien 3:2, und 1990 kostete die Franzosen ein 1:1 in Nikosia die Teilnahme am WM-Turnier. Diese sporadischen Glücksmomente können jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich der zypriotische Fußball insgesamt am Rande des internationalen Fußballgeschehens bewegt. Das zumindest behauptet Bernd Stange.

Der frühere Nationaltrainer der DDR ist seit Januar 2005 Coach des Meisters Apollon Limassol. „Der Stellenwert der Nationalelf ist auf Zypern nicht so hoch; dafür stehen die Vereine zu sehr im Vordergrund“, sagt der 58-Jährige. Daran wird sich auf der gespaltenen Mittelmeerinsel mit den knapp 700 000 Einwohnern kaum etwas ändern: „So viele Talente gibt es hier nicht“, sagt Stange. Deshalb heuern die meisten der 14 Erstligaklubs durchschnittliche oder betagte Kicker aus dem Ausland an. Stange sagt: „Es fehlen erstklassige Leute, die das Niveau anheben könnten.“

Auch einige deutsche Spieler wollten sich ihren Karriereausklang auf Zypern versüßen. Der frühere Nationalspieler Paulo Rink etwa oder der einstige Hertha-Profi Marcel Rath. Der gescheiterte Bundesligaspieler Rainer Rauffmann wurde bei Omonia Nikosia sogar zypriotischer Nationalspieler. Seine Tore müssen die Deutschen aber nicht fürchten – er hat seine Karriere beendet. Dennoch warnt Rauffmann den WM-Dritten. „Sicherlich besitzt Zypern nicht die Klasse der Deutschen, aber vor heimischer Kulisse und gegen starke Gegner wachsen sie über sich hinaus“, sagt der 39 Jahre alte Bayer.

Michalis Konstantinou ist es noch am ehesten zuzutrauen, dass ihm als erstem Zyprioten ein Tor gegen Deutschland gelingt. Immerhin führt der 28 Jahre alte Stürmer von Olympiakos Piräus die ewige Torjägerliste Zyperns an – mit 19 Treffern.

Dimitris Dimoulas

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