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Sport: Motorrad-WM: Das Wimbledon der Motorräder

Holländer sind an schlechtes Wetter gewöhnt. Es ist ihnen egal, ob es regnet, stürmt oder ausnahmsweise mal die Sonne scheint.

Holländer sind an schlechtes Wetter gewöhnt. Es ist ihnen egal, ob es regnet, stürmt oder ausnahmsweise mal die Sonne scheint. Deswegen werden auch heute die Autobahnbrücken rund um das Städtchen Assen wieder in Oranje gehüllt sein. Und vor lauter Menschen, welche die vorbeirasenden Autos grüßen, fast einbrechen. Doch wer auf einer Landstraße zum 71. Motorrad-Grand Prix der Niederlande fährt, wird noch Eigentümlicheres erleben: Holländer allen Alters und Geschlechts, die ihre Gartenmöbel aus dem Schuppen holen und scheinbar ruhig den Straßenverkehr anschauen. Bis sie urplötzlich an den Straßenrand springen, "Nederland, Nederland" grölen und ihre Landesflagge schwenken.

Im Gegensatz zu allen anderen Rennen der Motorrad-WM findet der niederländische Grand Prix nicht sonntags, sondern samstags statt. Die Erstauflage 1925 fiel zufällig auf einen Samstag - und diesen Brauch haben die Organisatoren gegen alle Widerstände nie aufgegeben. Seit Jahren hat kein Einheimischer Siegeschancen, dennoch kommen alljährlich über 120 000 Fans.

Ein Vergleich mit Wimbledon bietet sich an - auch wenn es kleine Unterschiede gibt: Zwar bleibt Assen wie der Londoner Stadtteil selten vom Regen verschont. Doch während sich die britischen Tennisbegeisterten abends in ihre beheizten Häuser zurückziehen, bleiben den Motorradfans nur durchnässte Zelte auf schlammigen Wiesen - alle Hotels im Umkreis von 80 Kilometern sind ausgebucht. Ebenso wie Wimbledon wird auch in Assen ein traditionelles Gericht angeboten. Statt Erdbeeren bevorzugen die Niederländer "Patat met Fritessaus" - Pommes Frites, die in Mayonnaise ertrinken.

Wie in Wimbledon ist der Bodenbelag das charakteristische Merkmal des Circuits von Assen: Dieser besteht teilweise aus früheren Verkehrsstraßen, die, um das Wasser abzuleiten, in der Mitte erhöht sind. Fährt man mit hoher Geschwindigkeit über diese Krone, entstehen schwer zu kalkulierende Zentrifugalkräfte. Weil darüber hinaus viele Kurven auch noch überhöht sind, werden sie von den Piloten in Schräglage mit Geschwindigkeiten von bis zu 215 km/h gefahren; auf anderen Strecken werden maximal 150 Sachen erreicht. Nirgendwo sind die Zeitunterschiede zwischen den Besten und Nachzüglern so groß wie hier: In Assen gewinnen nur die Asse.

Claus Hecking

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