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Münchens erneute Olympia-Bewerbung: Ruhe vor dem Entscheid

Bei der Bewerbung für die Spiele 2018 gab es viel Krach. Doch nun sieht man in Garmisch-Partenkirchen der erneuten Münchener Olympiabewerbung für 2022 positiv entgegen.

Vor zwei Jahren kochten bei der ersten Olympiabewerbung von München die Emotionen in Garmisch-Partenkirchen hoch. Parolen wurden an Hauswände geschmiert, es gab zerbrochene Autoscheiben, sogar Morddrohungen. Derlei Aufregung ist beim neuerlichen Anlauf für München 2022 nicht zu spüren. Bestes Beispiel war die Informationsveranstaltung von „OlympiaJa 2022“ am Dienstagabend im Kongresshaus von Garmisch-Partenkirchen. Über 400 Zuhörer waren gekommen, viele mussten im überfüllten Saal stehen. Zwei Stunden legten Experten, Hoteliers und der Tourismuschef ihre Sicht zur Bewerbung dar. Danach konnten Fragen gestellt werden. Doch es gab keine einzige.

„Wir haben mit mehr Gegenwehr gerechnet. Als wir das mit Blick auf die Bewerbung für 2018 vor drei Jahren zum ersten Mal gemacht haben, gab es jede Menge kritische Nachfragen. Jetzt ist die Stimmung deutlich positiver“, sagt Heinz Mohr. Der Mann ist der Vorsitzende des Vereins „OlympiaJa 2022“. Er und seine prominenten Mitstreiter wie der ehemalige Weltklasse-Skifahrer Christian Neureuther oder der frühere Eishockey-Nationalspieler Franz Reindl hatten schon für „München 2018“ gekämpft. Damals stand der Ort unter der Zugspitze im Zentrum der Auseinandersetzung zwischen Olympiabefürwortern und Olympiagegnern. Die Frontlinie verlief mitten durch den Ort, Olympiakritiker Axel Döring vom Bündnis „NOlympia“ erhielt sogar anonyme Morddrohungen. Am Ende sagten bei einem Bürgerentscheid im Ort 58,07 Prozent „Ja“ zu den Spielen – dennoch hatte der Wirbel auch international negative Auswirkungen und trug zur klaren Niederlage bei der Vergabe der Spiele gegen das südkoreanische Pyeongchang bei.

Auch diesmal haben sich mit Blick auf den neuerlich anstehenden Bürgerentscheid am 10. November die beiden Lager schon wieder formiert, aber der Ton ist ein anderer. „Wir werden sachlichen Widerstand leisten“, sagt Olympiagegner Döring. Er plant für den 28. Oktober eine ähnliche Informationsveranstaltung aus der Sicht der Kritiker. Seinen Anhängern sind neben den Gesamtkosten von 29 Millionen Euro für die Bewerbung und 3,3 Milliarden Euro für die Spiele vor allem die Eingriffe in die Natur sehr unlieb. Auch den Deutschen Alpenverein plagen noch Zweifel, weshalb er sich bei der Abstimmung im Deutschen Olympischen Sportbundüber München 2022 als einziger Verband der Stimme enthielt.

2002 soll die Flamme auch nach München kommen. Erst einmal wandert sie dieser Tage nach Sotschi.

© AFP

Die Olympiabefürworter in Garmisch-Partenkirchen machen jedoch mobil. Schon jetzt scheint ihre Position stärker als beim ersten Anlauf zu sein. „Ich erwarte ein besseres Ergebnis beim Bürgerentscheid als das 60:40 beim letzten Mal. Das Konzept ist besser als für 2018. Wir haben aus den Fehlern, die damals gemacht wurden, gelernt“, sagt Mohr, der verhindern will, dass seine Stadt noch einmal zur Achillesferse der Bewerbung wird. Man will diesmal zum Beispiel sorgsamer mit dem Thema der für die Austragung der Winterspiele nötigen Grundstücke umgehen – beim ersten Anlauf hatte man viele Eigentümer verprellt. Diesmal sind die Planungen von vornherein so gemacht, dass kein Grundbesitzer das vorliegende Konzept blockieren kann. Die für die reinen Sportstätten nötigen Flächen sind entweder im Besitz der Kommune, der Bayerischen Zugspitzbahn oder durch langfristige Pistenverträge gesichert.

Dass das so funktioniert, hängt auch mit dem veränderten Olympia-Konzept zusammen. Diesmal ist Ruhpolding mit am Start, dort sollen 2022 die Biathlon- und Skilanglaufwettbewerbe in der im letzten Jahr bei der Biathlon-WM erfolgreich erprobten Chiemgau-Arena stattfinden. Zudem sollen Freestyle und Halfpipe im Münchner Olympiapark stattfinden. All das war im Konzept von München 2018 in der Umgebung von Garmisch-Partenkirchen vorgesehen. „Viele Leute hatten damals auch Angst wegen der Größe des Projekts. Diesmal ist es für den Ort um bis zu 40 Prozent reduziert, es würden 800 Athleten und viele Medienleute weniger im Ort wohnen“, sagt Mohr.

Auch der Chef von „OlympiaJa“ hat aus dem gescheiterten Projekt München 2018 gelernt. Zum Beispiel setzt er bei der Argumentation nicht mehr so sehr auf den Faktor Olympia-Begeisterung. Sondern auf ganz rationale Fakten: „Die Leute wollen wissen, was es ihnen persönlich und dem Ort bringt. Und da kann man objektiv sagen, dass man mit Olympia infrastrukturell viel erreichen kann.“

Lars Becker

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