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Sport: Mut zur Arroganz

Heute startet Wolfsburg in den UI-Cup – mit dem neuen Trainer Holger Fach

Es ist Leben gekommen in das Training beim VfL Wolfsburg. Nicht nur, weil die Spieler noch nicht alle Übungen kennen, die der neue Trainer Holger Fach mitgebracht hat und deshalb so manches Mal in die falsche Richtung laufen. Sondern auch, weil der Trainer selbst mitmacht. Dem 42-Jährigen ist anzumerken, dass er vor nicht allzu langer Zeit noch Spieler war. Fast jede Aktion seiner Profis lobt oder kritisiert er.

Fachs Vorgänger, der acht Jahre ältere Erik Gerets, hatte das Training meist mit verschränkten Armen von der Seitenlinie aus beobachtet. Wenn der gemütliche Belgier durch die Gänge des Stadions lief, wirkte er wie ein Herbergsvater, der nach dem Rechten sieht. Fach dagegen ist der Typ Jungunternehmer: dynamisch, athletisch, auf die Sache konzentriert. Ein Mann, der etwas erreichen will. Unbedingt.

Heute Nachmittag (15 Uhr) wird sich erstmals zeigen, wie seine Mannschaft in Form ist. In der zweiten Runde des UI-Cups trifft Wolfsburg auf Sturm Graz, einen Klub, den der VfL eigentlich schlagen müsste, aber wer weiß das schon. Kaum eine Bundesliga-Mannschaft ist zurzeit so schwer auszurechnen wie Wolfsburg. In der vergangenen Saison lange Tabellenführer, stürzte die Mannschaft ab auf Platz neun. Gerets trat zurück, und es gab Ärger um die zwei besten Spieler, Andres D’Alessandro und Martin Petrow, die wegwollten, aber nicht durften.

Fach hat also keine leichte Aufgabe übernommen, aber er kennt das. In Mönchengladbach hat er in einem ähnlich unruhigen Klub gearbeitet. Dass er dort, bei seiner ersten Station als Bundesliga-Trainer, im Oktober nach nur einem Jahr entlassen wurde, ärgert ihn noch immer. „Man sollte mal überlegen, ob es nicht nur an demjenigen liegt, der auf dem Trainingsplatz steht, sondern vielleicht auch an Ungeduld oder zu hohen Ansprüchen im Verein“, sagt er. Elfter sei er mit der Borussia geworden, das sei die beste Platzierung seit dem Wiederaufstieg.

Das Selbstbewusstsein, mit dem Fach auftritt, gefällt nicht jedem. Viele haben ihm seine direkte, manchmal schroffe Art als Arroganz ausgelegt. „Ich muss nicht jedermanns Freund sein“, sagt der Trainer. Fach zeigt es, wenn Reporterfragen ihn langweilen. „Wenn mich einer fragt, wie die Stimmung in der Mannschaft ist, muss ich sagen, dass man keinen Trainer keiner Mannschaft auf der Welt finden wird, der in der Vorbereitung sagt: Die Stimmung ist schlecht.“

Die Verpflichtung Fachs ist die erste bedeutende Personalentscheidung, die Manager Thomas Strunz zu treffen hatte, nachdem er vor einem halben Jahr nach Wolfsburg kam. Er hat einen Mann geholt, der ihm selbst ähnlich ist. Sie gehören derselben Generation an, sind sehr ehrgeizig. Vielleicht passen Manager und Trainer ganz gut zu diesem neuen VfL, der Wirtschaftsunternehmen, nicht Verein ist. In seinem ersten Pflichtspiel wird Fach heute allerdings eine Reise in die Vergangenheit unternehmen. Die neue Arena ist von der Pop-Sängerin Anastacia in Beschlag genommen worden, die Fußballer müssen ausweichen ins alte VfL-Stadion. Dort stieg Wolfsburg 1997 in die Bundesliga auf, dort erreichte der Klub 1999 erstmals den Uefa-Cup. Damals war die Teilnahme an internationalen Wettbewerben noch eine Sensation. Von Holger Fach wird das erwartet.

Steffen Hudemann[Wolfsburg]

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