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Zeit für Gefühle. Sandro Wagner (l.) und Sami Allagui feiern sich.

© dapd

Nach dem ersten Sieg: Hertha BSC: Leicht ist schwer

Der erste Saisonsieg verschafft Hertha nach dem verpatzten Saisonstart nur wenig Ruhe – denn schon beginnt der Derby-Rummel.

Vielleicht ist Leichtigkeit das Schwerste im Fußball. Wenn jeder Spielzug weniger zu wiegen scheint, als die Summe seiner Teile. Bei Hertha BSC war alles leicht, aber nur zwischen der 41. und 43. Minute gegen Jahn Regensburg. „Da haben wir ein paar Minuten gemerkt, wie die Anspannung von uns abfällt“, berichtete Maik Franz beim Auslaufen nach dem 2:1-Sieg. Alles ging auf einmal ganz einfach, „das war in den Gesichtern zu sehen“, sagte Sami Allagui, der in diesem Zeitraum das erste Berliner Tor erzielte und das zweite von Sandro Wagner mit einem Kopfballduell vorbereitete.

Dass am Tag danach die Sommerluft kaum leichter wirkte, hatte damit zu tun, dass die 88 Minuten derart schwere Kost waren, dass sie allen noch im Magen lagen. „Wir wissen: Das war nicht der schönste Fußball“, sagte Allagui, derzeit mit insgesamt je zwei Toren und Vorlagen Herthas Topscorer, „aber das Ergebnis tut gut.“ Ein wenig Erleichterung war dennoch allen anzumerken.

Herthas Sieg gegen Regensburg in Bildern:

Das Wohlbefinden durch den ersten Pflichtspielsieg nach zuvor drei vergeblichen Versuchen ging aber nicht mit Selbstgefälligkeit einher. Auf Nachfrage, ob er nun zufrieden sei, sagte Trainer Jos Luhukay „nee, nur mit dem Sieg und den drei Punkten“. Dann zählte er die Defizite auf, die er gesehen hatte. Als da wären: Es gab mit und ohne Ball kaum Tempo. Zu oft rätselten die Spieleröffner, wohin sie mit den ersten oder zweiten Pass spielen sollten. Es gab zu viele lange Anspiele auf die Stürmer, die der Ball meist zu spät erreichte. Zu wenig Torchancen wurden herausgespielt – aber immerhin beide genutzt. „Das war effizient“, lobte Luhukay, um gleich darauf zu bemängeln, dass Hertha wieder nicht zu Null gespielt hatte.

Der Optimierwütige weiß: Der Sieg hat ihm vor allem Zeit und Ruhe aus dem imaginären Zeit- und Ruheladen gekauft. „Es ist mühsam“, sagt er über den Prozess, aus seiner Truppe ein spielstarkes Team zu formen. Das merkt er jeden Tag im Training.„Vieles ist neu für uns, das ist anstrengend für den Kopf“, gestand Sandro Wagner. „Aber wenn das alles erst einmal Früchte trägt, dann geht es richtig los.“

Aber bis es richtig los geht, das weiß Jos Luhukay, wird er den Spielern noch viel erklären müssen. Damit dass so schwer Verständliche irgendwann selbstverständlich wirkt, über 90, nicht nur zwei Minuten. Aber die Nachbesprechung des Spiels schenkte er sich am Samstag erst einmal, weil einige Spieler wegen Wehwehchen vom Vortag fehlten. Bei Roman Hubnik wurde die erste Diagnose, nur eine leichte Gehirnerschütterung, bestätigt. Thomas Kraft fehlte, weil er sich Spielpraxis der U 23 holen wollte. Doch ein Hexenschuss verhinderte das. Der Torwart wird aber wie Hubnik nicht länger ausfallen.

Luhukay hat ohnehin andere Sorgen. Die neue Ruhe bringt ihm wenig, denn in neun Tagen kommt der große Rummel in die Stadt: das Derby beim 1. FC Union. „Das ist in allen Köpfen drin“, sagte Allagui, „das Spiel gegen Regensburg ist schon vergessen.“ Auch Franz berichtete, nach seiner ungeahndeten Unterleibsvisite durch Francky Sembolo wieder ganz gefasst, dass die Spieler „oft aufs Derby angesprochen werden“. Das neue Sturmduo positionierte sich schon. „Da wollen wir gewinnen“, sagte Allagui, „Hertha ist gegen Union immer Favorit“, sagte Wagner.

Der Trainer wäre froh, wenn nur seine Inhalte in den Köpfen steckten. Aber andererseits: Wie schwer wäre seine Arbeit jetzt erst, hätte es nicht zwei Minuten gegeben, in denen alles ganz leicht war?

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