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Sport: Nachgefragt: Naiv im rosa Hemd

Die Werbewelt ist bunt, die Sprüche knackig. Und mittendrin Octagon.

Die Werbewelt ist bunt, die Sprüche knackig. Und mittendrin Octagon. Ein Riese im globalen Marketinggeschäft. 1500 Angestellte weltweit, Büros in 21 Ländern rund um den Erdball. Knallig rot die Seiten im Internet, knallig rosa manchmal das Hemd von Steven Jedlicki. Er ist der Vorstandsvorsitzende der Eintracht AG, über die sich das milliardenschwere Unternehmen Octagon beim Fußball-Bundesligisten Eintracht Frankfurt eingekauft hat. Viele sagen sogar, die Amerikaner hätten den Verein gerettet. Das stimmt wohl auch. Nur mit dem Octagon-Geld konnten die Hessen beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) die Lizenz beantragen. 49,9 Prozent der Eintracht AG gehören der Firma. Genauso viele Millionen werden sie in den Verein pumpen. Wer sich die erlesene Kundschaft von Octagon anschaut, der darf sich schon ein wenig wundern, warum sich das Unternehmen ausgerechnet den klammen Skandalklub im Riederwald aussuchte.

Es ist wohl die Aussicht mit dem neuen Stadion, das zur WM 2006 fertig sein soll, als Betreiber und Bauherr, Geld zu verdienen. Dann soll es dort nicht nur Fußball geben, sondern Events - vom Konzert bis zur Modenschau. Sonst passen die Tennisgrößen und Octagon-Klienten wie Martina Hingis, Anna Kournikova, Gustavo Kuerten, Baseballstars aus den USA, Eishockey-Asse und Football-Legenden wie John Elway und die Eintracht nicht recht zusammen. Das Unternehmen ist auf den US-Sport ausgerichtet. Mit dem Kenntnisstand über den deutschen Fußball ist es so eine Sache.

Steven Jedlicki hat dazulernen müssen. Dabei ist er seit gut 20 Jahren Mitglied der Eintracht und Partner einer großen Werbeagentur in Frankfurt. Es heißt, er sei ein herzensguter Mensch, immer freundlich, höchstens ein bisschen naiv, was die Abzockermentalität deutscher Fußballspieler angehe. So hat er sich doch tatsächlich darüber gewundert, dass Lothar Matthäus seinem Hausblatt "Bild" sofort über die Verhandlungen mit ihm berichtete. "Dass alles gleich in der Zeitung steht, dabei sind das Leute, denen ich vertraue", soll er geklagt haben. In der Octagonzentrale hatten sie von einem großen Namen als Trainer geträumt. Und wen kennen die Amerikaner schon im Fußball: Cruyff, Beckenbauer, Pele, Klinsmann und Matthäus.

Jedlicki glaubt an das Gute im Menschen. Wie mit Matthäus ging es ihm danach auch mit anderen Trainerkandidaten. Bis er bei Trainer Werner Lorant landete, der auch ein paar Reporter kennt, aber vielleicht trotzdem kommt, selbst, wenn die Eintracht absteigt.

In der Zweiten Liga will auch Octagon dem Verein die Treue halten, obwohl dann gut vierzig der fünfzig Millionen verpulvert sein werden. Es gibt einen Fünfjahresplan, an dessen Ende schwarze Zahlen stehen sollten. So lange darf Eintracht Frankfurt mindestens auf die Hilfe des neuen Partners hoffen. Wie schwer der Weg wird, hat Jedlicki mitbekommen, als er in der Not der Trainersuche und des Abstiegskampfes Frankfurter Sportjournalisten zum Krisengespräch einlud und ernsthaft nach deren Ratschlägen fragte. Die bissigen Kommentare am nächsten Tag beraubten ihn wohl endgültig der Illusion, man könne einen Profiklub wie die Eintracht mit Sportsgeist führen.

Ansonsten sagen sie in Frankfurt nichts Böses über den neuen Chef. Die Amateure bekommen mehr Geld als je zuvor, selbst ein Trainer-Auslaufmodell wie Friedel Rausch darf dank dem Geld der Eintracht wieder eine Steuererklärung abgeben. Die Eintracht, so versichern viele, habe die Chance, dass mit dem neuen Sponsor dauerhaft Ruhe einkehrt - wenn Jedlicki erst einmal die Gepflogenheiten deutscher Fußballer kennt.

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