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Sport: Nachspielzeit

Am Dienstag beginnt der Prozess gegen die Hauptbeschuldigten im Fußball-Wettskandal – ein Überblick

Vor dem Landgericht Berlin beginnt am kommenden Dienstag der Prozess im Fußball-Wettskandal gegen die Schiedsrichter Robert Hoyzer, 26, und Dominik Marks, 30, den derzeit vereinslosen Spieler Steffen Karl, 35, sowie die mutmaßlichen Hintermänner des Wettbetrugs Ante, 29, Milan, 40, und Filip S., 37. Mindestens bis zum Jahresende wird das Gericht zweimal pro Woche verhandeln, um die Geschehnisse zwischen Stadien, Wettbüros und dem „Café King“ aufzuklären.

Worum geht es in dem Prozess in Berlin?

Die sechs Angeklagten müssen sich vor dem Landgericht Berlin wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs verantworten. Dieser „besonders schwere Fall des Betrugs“ wird mit Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren bestraft. Die Staatsanwaltschaft wirft Hoyzer, Marks und Karl vor, „Fußballspiele beeinflusst, dies versucht oder solche Manipulationen mit den Brüdern S. verabredet zu haben“. Die Brüder S., vor allem Ante, sollen auf die manipulierten Spiele gewettet haben. Das Gericht muss entscheiden, ob und in welchem Umfang die Angeklagten schuldig sind.

Wer stand noch unter Verdacht?

In seinem Geständnis hat Robert Hoyzer auch die Schiedsrichter Jürgen Jansen und Felix Zwayer sowie den Dresdner Schiedsrichterbetreuer Wieland Ziller belastet. Jansen, dem vorgeworfen worden war, das Bundesligaspiel Kaiserslautern gegen Freiburg (3:0) manipuliert zu haben, ist rehabilitiert. Ziller hatte Geld von Ante S., das für Jansen bestimmt war, nicht weitergeleitet. Von dem Manipulationsversuch hatte Jansen nicht erfahren. Die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen eingestellt. Jansen wie auch Zwayer stehen wieder auf der Schiedsrichterliste der Bundesliga. Zwayer hatte geholfen, den Wettskandal ans Licht zu bringen, indem er seinen Berliner Kollegen Lutz-Michael Fröhlich über einen Anwerbeversuch Hoyzers informiert hatte.

Zu Unrecht beschuldigt wurden auch die Spieler Tomislav Piplica (Cottbus), Laurentiu-Aurelian Reghecampf (Aachen, früher Cottbus), Bruno Akrapovic (Offenbach), Maik Wagefeld (Nürnberg, früher Dresden) sowie Volker Oppitz und Thomas Neubert (Dresden). Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat gegen sechs Spieler eine Vorsperre beantragt. Neben dem angeklagten Karl seien der Chemnitzer Markus Ahlf, Ronny Kujat (Sachsen Leipzig) sowie dessen frühere Mitspieler Torsten Bittermann, Ronny Thielemann und Marco Eckstein „dringend verdächtig, sich eines unsportlichen Verhaltens schuldig gemacht zu haben“.

Welche Spielmanipulationen hat Robert Hoyzer zugegeben?

Hoyzer hat zugegeben, im Jahr 2004 vier Spiele manipuliert zu haben. Dabei handelt es sich um die Regionalligabegegnungen Wuppertal – Werder Bremen Amateure (1:0), Braunschweig – St. Pauli (3:2), das Zweitligaspiel Ahlen – Burghausen (1:0) und die Erstrundenpartie des DFB-Pokals zwischen Paderborn und dem Hamburger SV (4:2). Das Spiel Duisburg gegen Fürth habe ohne Manipulation mit dem gewünschten Ergebnis geendet. Bei den Spielen Paderborn – Chemnitz und Unterhaching – Saarbrücken misslang der Manipulationsversuch.

Über welche Einsprüche von Vereinen hat das DFB-Sportgericht entschieden?

Das Sportgericht hat zwei Einsprüchen stattgegeben. Im Spiel Ahlen – Burghausen habe Hoyzer den 1:0-Siegtreffer für Ahlen durch einen falschen Elfmeterpfiff verursacht. Auf Hoyzers Aussage stützt sich auch die Entscheidung des Sportgerichts zum Regionalligaspiel Hertha BSC Amateure gegen Arminia Bielefeld Amateure (2:1). Das Spiel pfiff Dominik Marks, der abstreitet, die Partie verschoben zu haben. Das Gericht sah eine Manipulation dennoch als erwiesen an.

Vier Einsprüche hat das Sportgericht abgelehnt. Zwar habe Hoyzer auch für das Spiel Duisburg gegen Fürth Geld erhalten, allerdings sei nicht nachzuweisen gewesen, dass das 1:0 auf eine Manipulation zurückzuführen sei. Gleiches gelte auch für die von Marks gepfiffene Partie Karlsruhe – Duisburg (3:0) und das Hoyzer-Spiel Osnabrück – St. Pauli (3:2). „Ein böser Beigeschmack reicht nicht aus, um einen Spieleinspruch zu begründen“, heißt es in der Urteilsbegründung. Den Einspruch des SC Freiburg gegen die 0:3-Niederlage in Kaiserslautern lehnte das Sportgericht ebenfalls ab. Zehn Vereine haben ihre Einsprüche zurückgezogen. Der HSV einigte sich außergerichtlich mit dem DFB. Der Klub erhielt zwei Millionen Euro. Zum Trostpaket gehörte auch das Länderspiel in Hamburg am vergangenen Mittwoch gegen China.

Welche Spiele wurden wiederholt?

Für Herthas Amateure lohnte sich die Spielwiederholung. Gegen Bielefeld gewannen die Berliner 6:0. Zweitligist Ahlen unterlag dagegen Burghausen im Wiederholungsspiel 1:3, verlor drei Punkte und geriet in Abstiegsgefahr. Erst am letzten Spieltag der vergangenen Saison schaffte der Klub dank der besseren Tordifferenz den Klassenerhalt.

Welche sportrechtlichen Konsequenzen hat der DFB aus dem Wettskandal gezogen?

Das DFB-Sportgericht hat Hoyzer auf Lebenszeit gesperrt. Marks hat sich durch den Austritt bei seinem Klub Lok Stendal der Sportgerichtsbarkeit entzogen. Ziller erhielt eine fünfmonatige Sperre, Schiedsrichter Torsten Koop wurde für drei Monate gesperrt, weil er einen Anwerbungsversuch Hoyzers nicht gemeldet hatte.

Was steht noch aus?

Gegen Ziller wird wohl ein gesondertes Strafverfahren eröffnet. Der DFB hat die Entscheidung über Sperren gegen Spieler zurückgestellt. Der Verband will den Prozess abwarten. Er wird zudem prüfen, „inwiefern der ehemalige Schiedsrichter Robert Hoyzer in Regress genommen werden kann“, wie Präsident Theo Zwanziger ankündigte. Auch geschädigte Wettbüros oder Vereine könnten vor Zivilgerichten klagen. Fraglich ist indes, wie viel bei Hoyzer zu holen ist. Während die Ermittler bei Ante S. Millionenbeträge sicherstellten, fanden sie bei dem ehemaligen Schiedrichter nur rund 30 000 Euro.

Steffen Hudemann

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