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Sport: Nationalmannschaft: Erich Ribbeck über nicht vorhandene Euphorie, den Fall Bierhoff und einen Wäschewechsel

Erich Ribbeck (62) ist seit September 1999 als Teamchef der deutschen Fußball-Nationalmannschaft tätig. Als Trainer war er beispielsweise beim FC Bayern München und bei Bayer Leverkusen angestellt.

Erich Ribbeck (62) ist seit September 1999 als Teamchef der deutschen Fußball-Nationalmannschaft tätig. Als Trainer war er beispielsweise beim FC Bayern München und bei Bayer Leverkusen angestellt. Sein Vertrag läuft nach der kommenden Europameisterschaft in den Niederlanden und in Belgien aus.

Herr Ribbeck, Sie dürften gute Laune haben?

Darf ich das wirklich? Natürlich bin froh, dass wir in der Endphase des Spiels das Siegestor noch geschossen haben, weil wir es verdient hatten. Aber ich werde diesen Erfolg bestimmt nicht überbewerten.

Warum denn nicht?

Sehen Sie, ich war nie so deprimiert, wie das einige Medien gern gesehen oder sich gewünscht haben. Und ich bin jetzt nicht so euphorisch, weil wir nun gegen den Weltranglisten-Zweiten gewonnen haben. Aber es ist auch so, wenn man gegen die Schweiz 1:1 spielt und so eine Leistung abliefert, dass man Kritik vertragen muss. Ich habe gesehen, dass ich personell eine Menge Alternativen habe. Zudem haben Lothar Matthäus, Jens Jeremies und Ulf Kirsten noch wegen Verletzungen gefehlt. Insofern bin ich jetzt optimistischer.

Was sind die wichtigsten Erkenntnisse des Testspiels gegen Tschechien?

Wir haben Fortschritte gesehen. Die Abstimmung in der Abwehr klappte schon ganz gut. Die beiden Gegentore waren unnötig. Wir werden daran feilen müssen, eine Führung zu halten oder sie auszubauen, dass wir auch mal die drei Punkte holen. Wir sind drei Mal in Führung gegangen. Das bedeutet, dass die Moral in der Mannschaft stimmt. Die Spieler haben gezeigt, dass sie gewillt sind, bei der Europameisterschaft weit zu kommen.

Wie weit denn?

Das weiß ich nicht. Die Leute vor den Fernsehern wollen gute Spiele sehen. Wir werden daran gezielt arbeiten und uns bemühen. Wir wollen uns daran messen lassen. Ob das reicht, wie weit auch immer zu kommen - mal sehen. Aber wir haben gesehen, dass es möglich ist, unsere Chance zu nutzen.

Was sagen Sie zur Leistung Oliver Bierhoffs?

Natürlich war er nicht begeistert, dass er nicht von Beginn an gespielt hat. Aber er hat gezeigt, dass er angreift. Er hatte den Mut, den Elfer zu schießen. Das ist nicht so normal.

Ist Bierhoff wieder im Team?

Er war nie richtig draußen. Nach dem Spiel gegen Mallorca ist er mir etwas zu schlecht weggekommen. Er hat gezeigt, dass er kommt, dass er nervenstark ist. Im Angriff haben wir keine Probleme, höchstens ich, wen ich aufstelle. Wir haben vier gleichwertige Stürmer mit Jancker, Rink, Bierhoff und Kirsten. Die Konkurrenz ist groß, ich habe weiter die Qual der Wahl.

War es denn schwer, Bierhoff davon zu überzeugen, dass er zunächst nur auf der Ersatzbank sitzen würde?

Schwer war es, den Spielern in Mexiko beim Konföderationen-Cup im vergangenen Jahr zu sagen, dass sie gegen Brasilien eine Chance haben.

Warum haben Sie denn Ihren Kapitän zum zweiten Mal draußen gelassen?

Ein Kapitän hat sicherlich eine Sonderstellung. Diese Rolle ist mit vielen Aufgaben verbunden, auch mit der, gut Fußball zu spielen. Aber das heißt nicht, dass ein Kapitän immer spielen muss.

Finden Sie es nicht ungewöhnlich, seinen Kapitän in einem nicht ganz so unwichtigen Spiel auf der Ersatzbank schmoren zu lassen?

Sicher. Aber es wird auch noch wichtigere geben. Ich habe am Vormittag lange mit ihm gesprochen. Der Oliver ist ja nicht so emotional, deshalb war es ein sehr vernünftiges Gespräch. Wenn er gesagt hätte, okay, in Ordnung, ich setze mich mal auf die Bank, wäre es nicht richtig gewesen. Er weiß, dass ich ihn sehr schätze und stütze. Und er hat gezeigt, dass er gewillt ist, seine Stellung in der Mannschaft zu finden.

Bierhoff ist also wieder gesetzt?

Ich werde mich bemühen, in aller Fairness eine Mannschaft aufzustellen.

Wie sieht denn Ihr Mittelfeld aus?

Wir haben viele Alternativen. Dass Thomas Häßler nicht in der Lage ist, 90 Minuten Powerfußball zu bieten, war allgemein bekannt. Mir auch. Nun muss ich entscheiden, ob ich ihn beginnen lasse oder später einwechsele. Viele Spieler haben gezeigt, dass ich mich gegen schwere Gegner auf sie verlassen kann.

Bis zum Spiel gegen Liechtenstein am Mittwoch vergeht ein bisschen Zeit. Wie werden Sie die nutzen?

Die Mannschaft löst sich kurz auf. Ich werde nach Hause fahren, meine Wäsche waschen und wieder antreten.

Herr Ribbeck[Sie dürften gute Laune haben?]

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