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Sport: Neu im Kreis der guten Laune

Er hat erst 17 Bundesligaspiele bestritten, und sein nigerianischer Vater wollte erst gar nicht, dass Patrick Owomoyela für Deutschland spielt. Doch heute debütiert er gegen Japan in der Nationalelf

Patrick Owomoyela hat schon eine ganze Menge Erfahrungen gesammelt in seinen ersten 48 Stunden im Kreis der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Es begann damit, dass er nicht wie die etablierten Kräfte in der First Class fliegen, sondern sich die erste Reihe der Business-Class mit dem Mitneuling Marco Engelhardt teilen durfte. Dann ließ er sich in einer Einkaufspassage mit einem japanischen Kleinkind auf dem Arm fotografieren. Jedenfalls fast, denn das von den Eltern gewünschte Motiv kam aufgrund wütender Proteste des knapp einjährigen Jungen doch nicht zustande. Nach dem Fitnesstraining wurde Owomoyela dann noch von Oliver Kahn mit der Frage konfrontiert, ob er denn – wie der Torhüter selbst – auch Muskelkater habe. Naja, war nur ein Scherz. Doch er hat auch das weggesteckt. Dieser „lockere Spruch“ habe, wie vieles andere auch, dazu beigetragen, dass er seine Nervosität abgelegt habe und sich gleich gut aufgehoben fühle, sagte Owomoyela.

Gestern, am zweiten Tag, grätschte der 25 Jahre alte Verteidiger aus Bielefeld dann im Abschlusstraining Stürmer Thomas Brdaric zu Boden, worauf sich dieser minutenlang auf dem Rasen krümmte. Anschließend kommentierte Owomoyela diese Begebenheit dann mit einem Loriot-würdigen Satz: „Dass es im Fußball Zweikämpfe gibt, ist bekannt – besonders, wenn Stürmer auf Verteidiger treffen.“ Der zunächst verärgerte Brdaric konnte sich dieser Wahrheit schließlich nicht mehr verschließen. „War ja keine Absicht. Letztlich bin ich Ballbesitz gekommen, also kann es so unsportlich nicht gewesen sein“, sagte Owomoyela ausgesprochen entspannt. Der in Hamburg geborene Sohn einer Deutschen und eines Nigerianers hat also bisher in Japan wenig ausgelassen. Und so spricht alles dafür, dass er auch heute im International Stadium in Yokohama beim ersten Länderspiel zwischen Deutschland und Japan auflaufen wird.

Japan ist ein guter Einstieg für Owomoyela, denn der Asienmeister ist inzwischen zu einer erfolgreichen Fußball-Nation gewachsen, Owomoyela erwartet also starke Gegner. Der neue deutsche Nationalspieler hat es in der Bundesliga gerade einmal auf 17 Einsätze gebracht hat. Sein sportlicher Weg weicht ein gutes Stück ab von den klassischen Laufbahnen im deutschen Fußball. Viele Jahre spielte er in Lüneburg, Osnabrück und Paderborn – als Amateur. Angeblich empfahl ihm sogar ein Trainer, besser Schach zu spielen. Der Bielefelder Trainer Uwe Rapolder war jedoch anderer Ansicht. „Er hat mir vor allem im taktischen Bereich weitergeholfen. Und er hat mir auch gesagt, dass ich rechts in der Abwehr wertvoller wäre als im Mittelfeld. Inzwischen glaube ich ihm das“, erzählte Owomoyela.

Er ließ sich am Mittwoch seine Erregung angesichts der Aussicht, von Beginn an zu spielen, auf charmante Weise anmerken. Mit kaum verstecktem Stolz erzählte er noch einmal, wie es dazu gekommen war. Zunächst habe ihn Trainer Rapolder darauf hingewiesen, dass man im Trainerstab von Klinsmann erwäge, ihn zu beobachten. Kurz darauf habe sich der Deutsche Fußball-Bund um seine Telefonnummer bemüht. „Als dann eine Woche später das Telefon klingelte, ahnte ich schon, was kommt“, erinnerte sich Owomoyela.

Der Anruf warf einige familiäre Probleme auf. Sein nigerianischer Vater sei zunächst sehr enttäuscht gewesen, weil sein Sohn Patrick nach einem Einsatz im deutschen Trikot nicht mehr für Nigeria spielen kann. Inzwischen habe aber der Stolz gesiegt, der Familienfriede ist wieder hergestellt, der Vater habe ihm dies gerade noch einmal in einem Brief bestätigt. „Er hat mir geschrieben, dass er mich zwar lieber im anderen Trikot gesehen hätte, dass er aber auch stolz ist auf das, was ich erreicht habe.“

Patrick Owomoyela ist also kein Typ für schlaflose Nächte. „Dazu war das Training heute zu anstrengend.“ Von seinem Naturell her passt er jedenfalls bestens in Klinsmanns junge Gute-Laune- Rasselbande.

Moritz Müller-Wirth[Yokohama]

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