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Sport: Neugeburt in der Wüste - Der Spanier meldet sich in der Tennis-Weltspitze zurück

Der letzte Akt im noblen kalifornischen Tennis Garden passte zu einer bizarren Turnierwoche. Ohne Hauptdarsteller wie Agassi, Sampras oder Kafelnikow, die sich vorzeitig aus der Wüsten-Stadt verabschiedet hatten, gehörte die Bühne im Finale überraschend einem Spanier.

Der letzte Akt im noblen kalifornischen Tennis Garden passte zu einer bizarren Turnierwoche. Ohne Hauptdarsteller wie Agassi, Sampras oder Kafelnikow, die sich vorzeitig aus der Wüsten-Stadt verabschiedet hatten, gehörte die Bühne im Finale überraschend einem Spanier. 16 100 Zuschauer waren Augenzeugen des unerwarteten Comebacks eines Weltmeisters, der lange Zeit aus den Augen der Tennis-Welt verschwunden war: Alex Corretja. Der Spanier riss nach dem Matchgewinn über Thomas Enqvist (Schweden) die Arme in die Höhe, schrie seine Freude heraus und blickte zum blauen Himmel, als wolle er den Tennis-Göttern für die Erlösung nach einem Jahr der Misserfolge danken. "Dieser Triumph ist groß und gewaltig", sagte Corretja nach seinem 6:4, 6:4, 6:3-Sieg, mit dem er sich in Indian Wells den ersten Titel der neuen Masters Serie der Herren sicherte.

Als Enqvist nach zwei Stunden und sechs Minuten mit seinem siebenten Doppelfehler sein Schicksal besiegelte, dürfte nur wenigen Zuschauern im Tennis-Hochofen - auf dem Center-Court herrschten 40 Grad Celcius - die Tragweite des Augenblicks bewusst geworden sein. Doch wer sollte nach einem unspektakulären wie einseitigen Duell, in dem der unterlegene Schwede 51 unbedrängte Fehler produziert hatte, in Jubelstürme ausbrechen? Wer - außer Corretja? Der Spanier, von seinen Gefühlen überwältigt, sprach gar von seiner "Neugeburt" als Tennisspieler. "Man kann sich schwer vorstellen, was jetzt in mir vorgeht", meinte der 25-Jährige, "ich habe nicht nur mein Spiel zurückgefunden, sondern auch mein Leben auf dem Court. Dort draußen glücklich zu sein, ist das wichtigste im Tennis."

So richtig glücklich an seinem Arbeitsplatz war Corretja zuletzt im November 1998. Unvergessen ist das Marathon-Match von Hannover, als er sich in fünf Sätzen im Finale der ATP-Weltmeisterschaft gegen seinen Landsmann Carlos Moya behauptete. Damit schrieb der Mann aus Barcelona ein Stück Tennis-Geschichte. Doch der rätselhafte Abstieg der ehemaligen Nummer zwei der Welt (Februar 1999) war außerhalb seiner Heimat nur Randnotizen wert. Der lange Zeit von einem rätselhaften Virus geschwächte Corretja verlor im vorigen Jahr alle drei erreichten Endspiele (Sydney, Long Island, Mallorca) und fiel in der Weltrangliste auf Rang 26 ab.

Der frustrierte Weltmeister nahm daraufhin eine Auszeit, fuhr im November für mehrere Wochen in den Urlaub, um "abzuschalten, Spaß zu haben und das Leben wie ein normaler Mensch zu genießen", so Corretja. Nach der Erholungstherapie begann der Spanier am 1. Dezember neu motiviert mit der Trainingsarbeit. Seine Mühen wurden jetzt beim Masters-Turnier mit dem lang ersehnten Comeback und einem Siegerscheck über 400 000 Dollar belohnt. "Es ist das schönste Gefühl für mich zu wissen, dass ich wieder ein guter Spieler sein kann", meinte Corretja. "Ich habe stets an mich geglaubt und nie aufgegeben. Die Hoffnung ist nie gestorben."

Stefan Liwocha

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