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Sport: Nicht mehr allmächtig

Selbst der altehrwürdige Hongkonger Jockeyclub ist von der Finanzkrise betroffen – ein Besuch

Manchmal ist es besser für Winfried Engelbrecht-Bresges, wenn er in Hongkong mit einem Deutschen lieber englisch spricht. Diese Erfahrung machte der mächtige Chef des altehrwürdigen Hongkonger Jockeyclubs vor kurzem. „Ich habe mich mit dem deutschen Trainer Andreas Schütz unterhalten“, sagt der 53-Jährige. „Am nächsten Tag stand in einer der 40 Zeitungen, dass man zwar nicht an eine Kungelei glaube, aber es doch besser wäre, wenn ich solche Gespräche künftig auf Englisch führe.“

Engelbrecht-Bresges kann es sich nicht leisten, den guten Ruf zu verlieren, den er sich in den vergangenen zehn Jahren in Hongkong erworben hat. Immerhin steht er einem Klub vor, dessen Jahresbudget 2007 umgerechnet 11,3 Milliarden Euro betrug, der schon 1884 gegründet wurde und das Monopol auf Pferdewetten in Hongkong besitzt. Ein Imageschaden für den deutschen Chef von knapp 5000 festangestellten Mitarbeitern wäre gerade jetzt umso schlimmer, da die Finanzkrise auch den Pferdesport erreicht und der Höhepunkt des Jahres ansteht: Heute gehen 54 internationale Stars der Galopper in vier Rennen an den Start, es geht um Preisgelder von insgesamt 5,5 Millionen Euro.

Im Sommer hat der Jockeyclub mit einer anderen Großveranstaltung bereits Maßstäbe gesetzt, als er die olympischen Reitwettbewerbe ausrichtete und dafür 120 Millionen Euro investierte. Geblieben ist rund vier Monate nach Olympia auf den ersten Blick nicht sehr viel. Im Beas River Golf Club, wo die deutschen Vielseitigkeitsreiter im Gelände den Grundstein für ihre Goldmedaille legten, ist der von Hufen zertrampelte Rasen längst ersetzt worden. Auch in Sha Tin, inmitten der Galopprennbahn, ist das olympische Flair nur noch zu ahnen.

Trotzdem profitiert der Jockeyclub immer noch von den Investitionen. Die Galopper stehen in neuen Ställen, auch das tiermedizinische Zentrum und das Dopinglabor sind jetzt topmodern. „Aber wir leben hier nicht auf einer einsamen Insel“, sagt Engelbrecht-Bresges in Bezug auf die weltweite Finanzkrise. „Momentan liegen wir trotz des finanziellen Tsunamis beim Umsatz zwar nur etwa bei drei Prozent im Minus, aber 2009 wird der bis zu sechs Prozent schrumpfen.“ Er rechnet auch damit, dass Galopper bei Auktionen Preise erzielen werden, die 20 bis 30 Prozent unter denen des Vorjahres liegen.

Dieser immer noch vergleichsweise moderate Einbruch könnte sogar dem Hongkonger Haushalt schaden: Der Jockeyclub ist mit umgerechnet 1,3 Milliarden Euro größter Steuerzahler der Stadt, rund 6,5 Prozent aller Abgaben stammen von ihm. Auch wegen dieser Verantwortung will Engelbrecht-Bresges der Misere mit „antizyklischem Verhalten begegnen“. Man wolle bei günstigen Preisen jetzt bauen, die 1252 Pferdestellplätze reichen längst nicht mehr. „Wir dürfen jetzt auf keinen Fall in Panik verfallen“, sagt Engelbrecht-Bresges. In Hongkong vertrauen ihm die Leute, das wurde ihm unlängst wieder einmal bestätigt: Bei seiner Hochzeit mit einer Chinesin bekam er offiziell den Namen Ying Ga Pa. „Das bedeutet so viel wie grüner Baum, der für Vitalität, Dynamik und Aktivität stehen soll“, sagt er.

Wenn heute die Rennen gestartet werden, ist kein deutsches Pferd unter den Favoriten. Ohnehin würde Winfried Engelbrecht-Bresges über einen deutschen Sieg nicht allzu öffentlich jubeln – nur einmal in diesem Jahr zeigte er seinen Lokalpatriotismus ohne Scheu. Als die Vielseitigkeitsreiter olympisches Gold holten, feierte er inmitten des deutschen Teams. Das hat ihm niemand übel genommen – die Belange des Hongkonger Jockeyclubs wurden davon schließlich nicht berührt.

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