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Sport: Noch mehr auffallen

Bei Hertha BSC zahlt sich die Nachwuchsarbeit aus

Patrick Ebert nimmt es ganz genau. „Ich will mich nur über Leistung empfehlen“, sagt der 19 Jahre alte Mittelfeldspieler von Hertha BSC. „Deshalb benutze ich nicht einmal Haargel – nur die Leistung zählt, anders darf ich nicht auffallen.“ Ebert hat in dieser Hinrunde fußballerisch bereits auf sich aufmerksam gemacht, von den fünf Spielern, die aus dem Nachwuchs in die Profimannschaft hochgezogen worden sind, bekam er die meiste Einsatzzeit. „Er hatte ein kapitales Hoch am Anfang der Saison“, sagt Trainer Falko Götz. Dann aber machte Ebert wieder einen Schritt zurück, nach einem üblen Fehlpass gegen Bayern München wurde er kaum noch eingesetzt. Götz ist trotzdem sehr zufrieden mit ihm: „Man kann über junge Spieler nicht sofort den Stab brechen, wenn es mal bergab geht.“ Herthas Trainer ist geduldig mit seinen Nachwuchsspielern. Wenn Götz einmal vom Potenzial eines Fußballers überzeugt ist, hält er lange an ihm fest.

Bei Ashkan Dejagah hat sich gerade diese Geduld vermutlich ausgezahlt. Der 20 Jahre alte Offensivspieler stand zwei Jahre lang allenfalls am Rande von Herthas Profikader, er galt als Riesentalent – und schaffte es doch nie so richtig ins Team. Die meisten Experten trauten Dejagah nicht mehr viel zu. „Der Trainer stand trotzdem immer zu mir“, sagt er. Als Yildiray Bastürk längere Zeit ausfiel, musste Dejagah sogar die Rolle des Spielgestalters übernehmen. Der Druck, der mit dieser Position verbunden ist, schien ihn überhaupt nicht zu belasten, Dejagah spielte so locker wie an einem Sonntagnachmittag im Park. Manager Dieter Hoeneß will den auslaufenden Vertrag verlängern, und auch Dejagah möchte bleiben.

Falko Götz war nicht immer so geduldig. Thorben Marx galt einst als sein Lieblingsschüler. Schon bei den Amateuren hatte er mit dem Mittelfeldspieler zusammengearbeitet, und als Götz später die Profis übernahm, machte er Marx zum Stammspieler. Auch nach dessen Kreuzbandriss hielt Götz an ihm fest, in der Saison 2004/05 war das. Hertha schaffte es fast bis in die Champions League. „Daran hatte ich meinen Anteil“, sagt Marx. Trotzdem sei er vom Trainer viel kritisiert worden, zu Unrecht, wie er findet. „Vor dem Spiel in Mainz in der vorigen Saison gab es dann eine ganz normale Besprechung. Ich bin aufgestanden und rausgegangen – und an der Tafel stand, dass ich nicht spiele. Niemand hat vorher mit mir geredet“, sagt Marx. Das letzte Jahr bei Hertha BSC sei alles andere als schön gewesen, „weil kaum noch mit mir gesprochen wurde“. Inzwischen spielt Marx für Arminia Bielefeld. „Der Wechsel war eine gute Entscheidung“, sagt er. Böse ist Marx den Berlinern nicht mehr. „Wenn ich Falko Götz sehe, sage ich hallo. Nicht mehr und nicht weniger.“

Luftveränderungen seien manchmal einfach wichtig, findet Manager Dieter Hoeneß. Nicht jeder Spieler könne den Durchbruch bei Hertha schaffen. Der Verein steckt jährlich fast fünf Millionen Euro in die Nachwuchsarbeit – die Berliner verfügen über eine hervorragende Infrastruktur und werden mit ihren Jugendmannschaften seit drei, vier Jahren gleich in mehreren Altersstufen regelmäßig Deutscher Meister. „Vor etwa neun Jahren haben wir begonnen, richtig in den Nachwuchs zu investieren“, sagt Hoeneß. Jetzt kämen diese Spieler im Profibereich an. Ein großer Teil der Investitionen habe sich bereits ausgezahlt, „weil wir vor ein paar Jahren noch fast zehn Spieler holen mussten, um überhaupt in der Bundesliga mithalten zu können.“ Bis sich aus dem eigenen Nachwuchs absolute Topspieler entwickeln, müsse man noch eine Weile warten. „So etwas wie Wayne Rooney, der mit 18 schon so weit ist, gibt es einmal in einem Jahrzehnt. Die meisten Spieler sind körperlich erst mit 22, 23 so weit“, sagt Hoeneß. „Warum soll Patrick Ebert nicht noch Nationalspieler werden?“

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