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Objekt der Begierde. Die Champions League ist das Traumziel vieler europäischer Klubs. Doch die Topklubs wollen am liebsten unter sich bleiben.

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Reformideen zur Champions League: Noch mehr Super

Beim Treffen der europäischen Topklubs im Fußball zeigt sich: Sie streben weiter nach einer Erneuerung der Champions League.

Von Johannes Nedo

Andrea Agnelli genießt zahlreiche Privilegien. Dagegen kann er sich als Angehöriger einer der mächtigsten und reichsten italienischen Industriellen-Familien kaum wehren. So sitzt er nicht nur im Fiat-Vorstand, sondern ist auch Präsident von Juventus Turin, wie sein Vater, sein Onkel und sein Großvater es waren. Und wer viele Privilegien besitzt, bekommt meist noch weitere hinzu: Seit 2017 ist Andrea Agnelli auch Vorsitzender der European Club Association (ECA), der wichtigsten Klub-Organisation im europäischen Fußball. Die ECA hielt am Montag und Dienstag in Amsterdam ihre jährliche Vollversammlung ab. Und eigentlich erfährt diese nur wenig mediales Interesse, dieses Mal war es aber anders.

Denn vorab waren Pläne öffentlich geworden, die ECA wolle den europäischen Fußball-Verband Uefa zu radikalen Reformen der Champions League drängen. So soll den Klubs von 2024 an eine dreigeteilte Champions League vorschweben, bei der die besten 32 Mannschaften in vier Achtergruppen antreten. Zudem solle es eine sehr begrenzte Auf- und Abstiegsregelung zwischen den drei Champions-League-Leveln geben.

Wenn das alles so käme, würde klammheimlich das eingeführt werden, was Europas Fußballfunktionäre seit langem stets von sich weisen: eine Super League. Mit dann 14 Gruppenspielen statt sechs und insgesamt 96 teilnehmenden Klubs würde die Champions League die nationalen Ligen noch weiter zurückdrängen. Auch Wochenendtermine wären bei diesen Plänen möglich.

All diese Gerüchte veranlassten Agnelli nun am Dienstag auf der Pressekonferenz nach der Vollversammlung dazu, sich einmal ausführlich zu äußern. Allerdings blieb der 43-Jährige bei vielen Themen im Ungefähren.

Die Spitzenvereine wollen unbedingt noch mehr Geld verdienen

Zu dem kursierenden Vorschlag einer dreigeteilten Champions League mit Achtergruppen sagte er, dass dieser so nicht existiere. „Es gibt aber derzeit noch so viele verschiedene Modelle, dass es für konkrete Diskussionen noch viel zu früh ist“, betonte Agnelli. In frühestens zwölf bis 18 Monaten rechne er dazu mit einer Entscheidung.

Allerdings deutete Agnelli schon an, dass viele Bausteine, die in den Plänen aufgeführt wurden, durchaus realistisch seien. Zum Thema Auf- und Abstieg sagte er: „Dieses System der Relegation ist im europäischen Fußball ja nichts Neues. Schon jetzt steigt der Sieger der Europa League in die Champions League auf. Die Champions League könnte durchaus auf Auf- und Abstieg fußen.“ Ebenso nebulös gab er sich bei den Wochenendterminen: „Es gibt ja schon ein Wochenendspiel, und das wird sicherlich am Wochenende bleiben.“ Und meinte damit das Champions-League-Finale. Nach diesem Duktus wären weitere Termine am Wochenende ja auch nichts Neues.

Denn auch wenn Agnelli betonte: „Namensgebung ist wichtig, aber es ist keine Super League.“ So läuft weiterhin alles darauf hinaus. Warum er und seine Kollegen von Europas Topklubs diese exklusive Liga so vehement wollen, gab Agnelli unumwunden zu: „Wir wollen weiter ein gesundes Wachstum des europäischen Fußballs. Wir wollen mit der Champions League die Lücke zur National Football League im American Football schließen.“

Die Spitzenvereine wollen also unbedingt weiter noch mehr Geld verdienen. Dass die nationalen Ligen darunter leiden würden, nehmen wohl vor allem die Vertreter aus Italien, Spanien und Frankreich billigend in Kauf. Von den deutschen Topklubs hat sich dazu noch keiner nach vorne gewagt. Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) kämpft natürlich für die bisher starke Position der Bundesliga. DFL-Chef Christian Seifert hatte außerdem Europapokalspiele am Wochenende als „rote Linie“ bezeichnet.

Für Agnelli und seine Mitstreiter hat eine aufgeblähte und längere Champions League noch einen weiteren Nutzen. Wenn die besten Mannschaften Europas schon während der Saison ständig gegeneinander spielen, wäre auch eine vergrößerte Klub-WM im Sommer weiterhin nahezu bedeutungslos. Denn gegen diese Fifa-Entscheidung, das Klubturnier von 2021 an auf 24 Teams zu erweitern, hatte sich die ECA ja deutlich positioniert. Auch wenn Real Madrid und Bayern München dem Fifa-Turnier doch nicht so abgeneigt zu sein scheinen, betonte Agnelli am Dienstag: „Wir sind derzeit nicht bereit, an diesem Wettbewerb teilzunehmen.“

Und so amüsierte er sich eher über all die Gerüchte zur Champions League und sagte zu den Journalisten: „Ihr habt noch viel Zeit zum Spekulieren.“ Er genießt ja nunmal das Privileg, dass ihm all die Ideen zuerst präsentiert werden.

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