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© dpa

Noka Serdarusic: Schweigen und Charmeoffensive

Der skandalumwitterte Noka Serdarusic trifft mit Slowenien auf Deutschland. Zum spektakulären Manipulationsskandal, den er zu Beginn des Jahres 2009 ausgelöst hatte, will er weiterhin nichts sagen

Er schweigt, seit Monaten schon. Und auch in Innsbruck, wo er mit Slowenien an der Handball-Europameisterschaft teilnimmt und heute gegen Deutschland antritt (18.10 Uhr, live im ZDF), mauert Noka Serdarusic. „Dazu sage ich nichts“, bügelte der 59-jährige Trainer alle Fragen ab zum spektakulären Manipulationsskandal, den er zu Beginn des Jahres 2009 ausgelöst hatte. „Hier bin ich bei der Europameisterschaft, alles andere ist für mich kein Thema.“ Für die Begegnung nach den Auftaktspielen am Dienstag (nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe) schob er dem Gegner die Favoritenrolle zu, da Deutschland zuletzt die EM-Qualifikationsspiele gewonnen habe. „Es wäre deshalb eine Frechheit, wenn ich sagen würde, wir sind Favorit. Aber ich hoffe, dass wir Deutschland schlagen werden.“

Es hatte freilich auch niemand damit gerechnet, dass die Schlüsselfigur des größten Skandals der Handballgeschichte ausgerechnet vor dem Start in das Turnier die Hintergründe der Affäre ausleuchten würde. Im Februar 2009 hatte ihm die Führung der Rhein-Neckar Löwen den Rücktritt nahe gelegt, nachdem Serdarusic ihr gegenüber detailliert über angebliche Bestechungen durch seinen früheren Verein THW Kiel in der Champions League geschildert hatte. Unter anderem erklärte er gegenüber dem Löwen-Gesellschafter Jesper Nielsen, dass 22 von 25 Topschiedsrichtern im internationalen Bereich für Bestechungsgelder empfänglich seien. Das berichtete Nielsen jedenfalls der Kieler Staatsanwaltschaft, die gegen Serdarusic wegen des Verdachts der Beihilfe zur Untreue ermittelt.

Im Zentrum der Vorwürfe steht das Champions-League-Finale 2007 gegen Flensburg-Handewitt, in dem Kiel erstmals den Titel geholt hatte. Damals soll Kiel, so der Vorwurf, die polnischen Schiedsrichter Miroslaw Baum und Marek Goralczyk mit 92 000 Euro bestochen haben. Goralczyk hat diese Geschichte offenbar nicht geschadet: Er ist als Generalsekretär des polnischen Verbandes zur EM gereist. Zum Skandal also halten sich alle bedeckt, aber bei allen anderen Fragen gibt Serdarusic den Charmeur im Hotel „Grauer Bär“, wo die Teams der Gruppe C (Deutschland, Slowenien, Schweden, Polen) während der Vorrunde logieren. Er lächelt oft, er sieht ausgeruht aus, er hat ein wenig abgenommen, und er schlägt öffentlich einen anderen Ton an. Als Trainer des THW Kiel, mit dem er zwischen 1993 und 2008 elf deutsche Meistertitel holte, hat er den Medienvertretern oft recht barsch das Gefühl vermittelt, dass sie keine Ahnung hätten. Diese Arroganz hat er nun abgelegt.

Freimütig berichtet er davon, dass ihm die Arbeit als Trainer gefehlt habe. Nach den Monaten der Regeneration sei ihm „irgendwann langweilig geworden“, erzählt er. „Ich war immer im Handball beschäftigt, jetzt hatte ich zum ersten Mal in meinem Leben eine längere Pause. Das war einfach nur fürchterlich. Geld spielt dabei nicht die große Rolle. Selbst wenn ich genug hätte, würde ich Handball arbeiten gehen. Ich mag es nicht, auf der faulen Haut zu liegen.“ Also nahm er das Angebot des slowenischen Verbandes an, die Talfahrt der Nationalmannschaft zu stoppen. Nun, da seine Rücken- und Kniebeschwerden nahezu auskuriert seien, habe ihn auch der Job als slowenischer Nationaltrainer nicht mehr ausgelastet. Deshalb habe er gern das Angebot von RK Celje, dem führenden slowenischen Klub, angenommen und werde im Anschluss an die EM von Ljubljana nach Celje übersiedeln.

Nicht nur vor dem Hintergrund der Vita Serdarusic’ ist das Spiel gegen Deutschland zweifellos ein spezielles. Zumal Serdarusic seinen heutigen Konkurrenten Heiner Brand während der WM 2007 in taktischen Fragen beriet. „Ich habe damals als Trainer in Deutschland gearbeitet, deshalb war es selbstverständlich, dass ich diese Leistung bringe“, sagt er. Weder der Skandal noch das heutige Duell würden das Verhältnis zu Brand beeinträchtigen: „Wir haben schon miteinander gesprochen. Zwischen uns beiden wird sich nichts ändern, glaube ich.“

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