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Nordische Ski-WM: "Ups, da ist ja die Norwegerin"

Nur Weltmeister Finnland konnte die deutsche Langlauf-Staffel der Damen schlagen: Bei den nordischen Ski-Weltmeisterschaften führte eine überragende Evi Sachenbacher-Stehle die Deutschen zu einer Silbermedaille.

Sapporo - Das "Wunder von Sapporo" knapp verfehlt, doch am Ende war WM-Silber für die deutsche Langlauf-Staffel Gold wert. Mit einer überragenden Schlussrunde riss Evi Sachenbacher-Stehle am Donnerstag ein fast verloren geglaubtes Rennen noch aus dem Feuer und sorgte einmal mehr für einen glänzenden Schlusspunkt einer 4x5-Kilometer-Staffel. Zum neuen Weltmeister Finnland fehlten dem Quartett mit Steffi Böhler (Ibach), Viola Bauer, Claudia Künzel (beide Oberwiesenthal) und Sachenbacher-Stehle (Reit im Winkl) 11,9 Sekunden. "Silber ist unglaublich, daran konnte ich beim letzten Wechsel überhaupt nicht denken", sagte die deutsche Schlussläuferin im Überschwang der Gefühle.

Bereits zwei Tage vor der Staffel hatten sich die deutschen Damen bei einer Kimono-Party anlässlich Böhlers 26. Geburtstag auf das Rennen eingeschworen. Schon da stand für sie die Startreihenfolge fest. "Claudia wollte gern an drei laufen und über die Besetzung der Klassikstrecke gab es überhaupt keine Frage", erzählte Sachenbacher-Stehle. So brauchte Bundestrainer Jochen Behle auch keine Überredungskünste anzuwenden, denn sein Vorschlag deckte sich mit dem der Teammitglieder. Als dann am Mittwoch die Besetzung der anderen Staffeln bekannt wurde, witterte der Coach die Chance. "Aus meiner Sicht waren unsere Gegner falsch aufgestellt. Das habe ich den Mädels in der Besprechung auch gesagt. Sie sollten bis zum Schluss an ihre Chance glauben", sagte Behle.

Zittereinlage beim Wechsel

Das aber war sehr schwer, nachdem Böhler mit großem Rückstand zu den anderen Staffeln als Siebte wechselte. Doch Bauer lief ein Klasse-Rennen. "Es ist schon so, dass ich prozentual meine besten Wettbewerbe in der Staffel laufe. Warum das so ist? Keine Ahnung. Aber mir war heute klar, dass wir den Skatern nicht zu viel Rückstand auf den Weg geben durften", betonte die Sächsin, die dann für die Zittereinlage des Rennens sorgte. Beim Wechsel verfehlte sie den Arm von Claudia Künzel und zog diese geistesgegenwärtig am Stock zurück, um sie noch rechtzeitig vor Verlassen der Wechselzone abzuklatschen. "Das war knapp", meinte sie hinterher.

Ihre Vereinskollegin lief im Rahmen des derzeit Möglichen und gab Sachenbacher-Stehle als Vierte einen Rückstand von 12,7 Sekunden zu Schweden mit auf den Weg. Diesen egalisierte die Bayerin schnell und ging dann auf der Schlussrunde locker auf und davon. "Und auf einmal dachte ich: Ups, da ist ja die Norwegerin", beschrieb die Teamsprint-Zweite den letzten Kilometer. Bei der Einfahrt ins Stadion war sie mit Astrid Jacobsen gleichauf. "Sie ist eine Sprinterin, da habe ich mich schon auf einen Schlussspurt eingestellt. Aber sie konnte wohl einfach nicht mehr", erzählte Evi Sachenbacher-Stehle, die auf der Ziellinie demonstrativ die Faust ballte. Schließlich hatte diesen Platz den Deutschen niemand mehr zugetraut.

"Ich auch nicht", gab DSV-Sportdirektor Thomas Pfüller zu. Angesichts der Ergebnisse sieht er keinen schnellen Handlungsbedarf bei der Frage, einen eigenständigen Damen-Bundestrainer zu installieren. "Ich bin nach allen Seiten offen, aber darüber werden wir erst nach der WM sprechen. Ich habe mich dazu auch noch nicht mit Bundestrainer Jochen Behle ausgetauscht", sagte Pfüller. Behle selbst ist dagegen. "Wir werden es im Skiverband nicht machen. Wir haben ein Stützpunktsystem und das läuft gut. Dass die Qualität dort aber erhöht werden kann, steht außer Frage", sagte Behle. Die Athletinnen können sich dagegen einen eigenen Bundestrainer vorstellen. "Bei den Biathleten funktioniert es ja auch", sagte Claudia Künzel. (Von Gerald Fritsche, dpa)

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