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Sport: Nur noch zwei Jahre

Um bei der WM 2006 im eigenen Land zu siegen, müssen die deutschen Fußballer ihr Angriffsproblem lösen

Oliver Kahn wollte den Ball ins Seitenaus schießen, weil ein Tscheche auf dem Rasen lag und behandelt werden musste. Doch nicht einmal das gelang der deutschen Elf am Mittwochabend im Estadio José Alvalade zu Lissabon. Kahns Abschlag war zu schwach, der Ball blieb im Feld liegen. Ein tschechischer Spieler musste ihn über die Seitenlinie drücken. Dann konnten der Arzt und ein Betreuer zum verletzten Spieler eilen.

Der Schuss des Mannschaftskapitäns war sinnbildlich für das gesamte Auftreten der deutschen Nationalelf bei dieser Europameisterschaft: Der Wille war da, das Können nicht. „Wir hatten Siegchancen in allen drei Spielen“, sagte hinterher Michael Ballack, der die zwischenzeitliche Führung gegen die Tschechen schoss. „In der Offensive fehlt uns die Kaltschnäuzigkeit, und das wird auf internationalem Niveau bestraft.“ Der Mittelfeldstar vom FC Bayern München hätte auch sagen können, dass die Deutschen über keinen mehr international wettbewerbsfähigen Sturm verfügen, dass die Abwehr nicht mehr das ist, was sie mal war und dass er allein als gestaltender Spieler mit zu vielen Mitläufern im Mittelfeld überfordert ist.

Rudi Völler hat bisher als Einziger aus dem deutschen EM-Tross die Konsequenzen gezogen und ist zurückgetreten. Was aber werden die Spieler tun? Wer wird, wer sollte bleiben, wer muss gehen? „Es muss etwas passieren, wenn wir in zwei Jahren bei der WM im eigenen Land etwas holen wollen“, sagte Oliver Kahn. Es werde jetzt viele Leute geben, die „nach jungen Spielern schreien“, aber nur mit den Jungen gehe es nicht. „Von denen schaffen es nur ganz wenige, ein Niveau zu erreichen, so dass sie einem Turnier ihren Stempel aufdrücken können.“

Und was wird aus Kahn, dem Torwart- Titan vergangener Jahre? Ist er noch der Richtige für die WM 2006? Kahn (35 Jahre) hat ebenso wie der EM-Tourist Christian Ziege (32) und Jens Nowotny (30) angedroht, bis 2006 weitermachen zu wollen. Christian Wörns (32) und Jens Jeremies (30) überlegen noch. Jens Lehmann (34) will nicht noch einmal ein Turnier als Nummer zwei bestreiten, aber es wird ihm nichts anderes übrig bleiben, denn die Zukunft im deutschen Tor wird dem jungen Timo Hildebrand (25) aus Stuttgart gehören.

Das Grundgerüst der kommenden Mannschaft steht. Arne Friedrich (25), Philipp Lahm (20) und Bastian Schweinsteiger (19) sind bei der EM Stammspieler geworden. „Die jungen Spieler haben der Mannschaft gut getan“, sagte Michael Ballack, der Chef auf dem Platz und Kopf der Mannschaft. Er wartet sehnsüchtig auf eine Rückkehr seines Münchner Mannschaftskollegen Sebastian Deisler (24). Eine Verstärkung für die Defensive wären auch der Dortmunder Christoph Metzelder (23) und Robert Huth (19) vom FC Chelsea (siehe dazu Seite 23).

Eine Frage wird sein, wer die Schlüsselposition im zentralen, defensiven Mittelfeld übernehmen wird. Dietmar Hamann (30) hat seinen Zenit überschritten. Seine Nachfolge könnten Thomas Hitzlsperger (20, Aston Villa) oder der Gladbacher Thomas Broich (23) antreten. Das größte Problem liegt jedoch im Sturm. Es fehlt ein Weltklassemann, wie ihn etwa die Holländer in Ruud van Nistelrooy haben. Vielleicht wird der 19-jährige Lukas Podolski einer. Aber der spielt in der nächsten Saison mit Köln in der Zweiten Liga.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Deutschen als Gastgeber der Weltmeisterschaft 2006 gesetzt sind und bis dahin nur noch Freundschaftsspiele bestreiten werden. „Wir brauchen deshalb große Gegner“, fordert Ballack.

Im August wird Deutschland in Wien gegen Österreich antreten, dann empfängt die Mannschaft Brasilien in Berlin. Kurz vor Weihnachten geht es für mehrere Spiele nach Asien und 2005 schließen sich der Konföderationen-Cup in Deutschland sowie eine Südamerikareise an. Das sieht der Länderspielplan für die kommenden Monate vor. Rudi Völler hat ihn ersonnen.siehe auch die Seiten 2 und 3

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