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O2-World-Premiere: Eine Nummer zu groß

Die Füchse Berlin locken fast 15.000 Zuschauer an, doch ein Spitzenklub sind sie noch lange nicht.

Als Frank Steffel aus der Halle stürmte, hielt ihm jemand den Statistikbogen unter die Nase. Der Präsident der Füchse Berlin schaute kurz auf das Blatt mit den Zahlen des von ihm ausgerufenen „historischen Tages“, dann schüttelte er den Kopf und zischte: „Den will ich nicht.“ Er wusste, dass darauf nur eine Zahl stehen würde, die ihn erfreuen könnte: 14 800.

So viele Zuschauer hatten den ersten Auftritt des Berliner Handball-Bundesligisten in der O2-World am Ostbahnhof verfolgt. Mit einer eines WM-Finals würdigen Show war das Spiel der Füchse gegen den TBV Lemgo eingeläutet worden, zu dem die Zuschauer teils mit Bussen aus ganz Deutschland angereist waren – tatsächlich historische Dimensionen angesichts der Tatsache, dass die Füchse drei Jahre zuvor noch ein paar Interessierte in einer Charlottenburger Sporthalle bespaßt hatten. Doch als der Rauch des Feuerwerks sich langsam verzogen hatte, wurde der Blick auf die sportliche Realität frei. Die Ansprüche, die die bombastische Show samt Knallkörpern und Lasershow geweckt hatten, konnte die Mannschaft nur bedingt erfüllen. Beim 27:35 hatte sie von Anfang an keine Chance und zeigte, dass vielleicht nicht die Halle, aber doch ein solcher Gegner noch eine Nummer zu groß für sie ist.

Das sah Bob Hanning ähnlich. Zwar sprach der Manager der Füchse nach dem ersten von drei Saisonspielen in der neuen Arena von einer „perfekt inszenierten Veranstaltung“ und einem „gelungenen Experiment“: Er werde „jetzt mal gemeinsam mit dem Aufsichtsrat überlegen, ob wir das im nächsten Jahr öfter machen“. Doch die Enttäuschung über das Resultat war ihm anzusehen. „Wir haben uns einen etwas anderen Auftritt gewünscht“, gab Hanning zu. „Der Druck schien für den einen oder anderen Spieler etwas zu hoch zu sein. Das war wie damals im ersten Spiel in der Schmeling-Halle in der Zweiten Liga. Nur damals waren es 700 Zuschauer, heute waren es 14 800.“

Doch das war nur die halbe Wahrheit. Zum Auftritt auf der ganz großen Bühne fehlt es den Berlinern vor allem an Klasse. „Dass wir an der Mannschaft was verändern müssen, wissen wir“, sagte Hanning. „Man hat klar gesehen, so geht das nicht.“ Mit bis zu vier neuen Spieler will er das Team mittelfristig verstärken. Auf der Torhüterposition legten die Leistungen von Petr Stochl und Jens Vortmann Handlungsbedarf nahe. Vorerst werden sie aber weiter im Tor der Berliner stehen: Der umworbene Silvio Heinevetter wird keinesfalls vor der nächsten Saison aus Magdeburg kommen. Dagegen will Hanning möglichst schon im Winter einen neuen Abwehrchef und einen Linkshänder für den rechten Rückraum verpflichten: „Wenn wir im März wieder gegen Magdeburg in der O2-World spielen, dann sieht das vielleicht schon anders aus.“

Bis dahin machen die Füchse eine Nummer kleiner weiter, zumindest was das Ambiente angeht. Das nächste Heimspiel am 12. November wird wieder in der vertrauten Schmeling-Halle ausgetragen. Ob Frank Steffel sich dann mehr für die Statistik interessieren wird, ist allerdings fraglich: Gegner ist der Tabellendritte und EHF-Cup-Sieger aus Nordhorn.

Christian Hönicke

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