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Hans Weber, 81, hat mit Fertighäusern viel Geld verdient und ist seit 1959 an der Spitze des SV Linx. Am Samstag trifft er im DFB-Pokal auf Bundesligist 1. FC Nürnberg.

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Oberligist SV Linx im DFB-Pokal: "Wir haben mehr geschafft als Bayern"

Fünftligist SV Linx ist der kleinste Pokal-Teilnehmer. Im Interview spricht der Vorsitzende über den Erfolg des Ortes, die Bürde des Ehrenamts – und Mesut Özil.

Von David Joram

Herr Weber, seit 59 Jahren schon führen Sie den südbadischen Oberligisten SV Linx an. Nie ans Aufhören gedacht?

Im Gegenteil: Ich hoffe, dass ich noch 20 Jahre weitermachen kann! Wenn ich eine Sache anfange, ziehe ich es durch.

Sie sind bald 82 Jahre alt...

… und mir geht es gesundheitlich gut. Jeden Morgen stehe ich um Viertel vor sechs auf, gehe Schwimmen und eine Stunde mit meinem Schäferhund Billy spazieren. Anschließend frühstücke ich mit meiner Frau.

Erinnern Sie sich noch an Ihre erste Wahl zum Vorsitzenden?

Ich erinnere mich auch an das Gründungsfest des Vereins, das war 1949 und ich 13 Jahre alt. Ich habe mitgeholfen, die als Fußballplatz vorgesehene Wiese herzurichten. Als dann das Fest mit einem großen Turnier der umliegenden Vereine stattfand, haben ein paar Freunde und ich die Fahrräder bewacht. Damals gab es weder Autos noch Motorräder im Ort und für jedes abgestellte Fahrrad wurde eine Gebühr von 20 Pfennig verlangt. Das Geld kam der Vereinskasse zugute. 1959 brauchte man dann jemanden an der Spitze. Meine Kumpels sagten „Mach das“, also hab ich’s gemacht.

Dabei haben Sie nie selbst gegen den Ball getreten.

Dem deutschen Fußball ist dadurch kein Talent verloren gegangen (lacht). Trotzdem hat mich der Sport immer gereizt.

Sie haben in Linx ein erfolgreiches Unternehmen für Fertighäuser aufgebaut, von dem auch der Verein profitiert. 1960 haben Sie angefangen. Jetzt machen Sie 250 Millionen Euro Jahresumsatz und haben 1150 Mitarbeiter. Sind Sie der Dietmar Hopp aus Linx?

Ich will mich mit niemandem vergleichen, ich bin mein eigenes Vorbild. Aber es stimmt schon: Ein Teil des Firmen-Werbeetats fließt als Sponsoring in den SV Linx. Und die überregionale Bekanntheit des Vereins kommt dem Unternehmen zugute.

Linx hat 1100 Einwohner, ist dank Ihnen finanziell aber gut aufgestellt. Warum wollen Sie nicht einen ähnlichen Weg einschlagen wie die TSG Hoffenheim?

Ich habe Dietmar Hopp immer bewundert. Wir haben ja mal gegen Hoffenheim in der Oberliga Baden-Württemberg gespielt. Da zeichnete sich schon ab, dass dort etwas Größeres entsteht. Diesen Weg will ich aber nicht gehen. Verbandsliga, Oberliga, das ist unser Terrain.

Wobei die sportlich Verantwortlichen sicher mehr wollen, wenn sich die Chance bietet.

Wir sind als Meister in die Oberliga aufgestiegen und haben den Pokal geholt, das Double also. Wir haben damit geschafft, was nicht mal Bayern geschafft hat. Vor dieser Runde kam dann unser Trainer Sascha Reiß zu mir und fragte, was er jetzt noch erreichen solle.

Was haben Sie geantwortet?

„Das Niveau halten“, war meine Antwort. Der Fußball ist sehr kurzlebig, das heißt, man muss laufend beobachten, was vor sich geht. Wie sich die Spieler entwickeln zum Beispiel, wie der Verein aufgestellt ist, und, und, und. Ich habe schon früh gesagt, dass wir den Verein wie ein Unternehmen führen müssen.

Wie viele Trainer haben Sie in 59 Jahren schon verschlissen?

Das waren gar nicht viele, vielleicht zehn.

Der SV Linx war schon mal im DFB-Pokal vertreten, 1994 gegen Schalke. Ihr schönstes Erlebnis?

Zunächst mal ist jede Meisterschaft etwas ganz Besonderes. Ich genieße das immer, wenn die Jungs mit dem Traktor durch den Ort fahren und feiern, als gäbe es kein Halten mehr. Aber klar, der Pokal- Auftritt der Schalker vor 8000 Zuschauern war schon ein Höhepunkt für uns – immerhin haben wir sogar das erste Tor geschossen und nur 1:2 verloren.

Ihr Motto für das Spiel am Samstag gegen Nürnberg lautet #mitLinx. Glauben Sie wirklich an eine Pokal-Sensation?

Das Motto hatten wir schon öfter, es bietet sich ja an. Zu glauben, dass wir Nürnberg schlagen, wäre aber sicher vermessen. Es geht darum, die Niederlage in Grenzen zu halten.

Was bietet Linx noch außer Fertighäuser und dem SVL?

Das reicht doch eigentlich! Aber wir haben auch eine interessante Hausausstellung, die World of Living, die in ihrer Art einmalig ist in Europa. Ansonsten gibt es noch ein reges Vereinsleben. Im Musikverein bin ich auch seit 1949 aktives Mitglied. Ich spiele Trompete.

Das Ehrenamt ist ein wenig aus der Mode gekommen, viele Vereine tun sich schwer, engagierte Menschen zu finden. Was läuft in Linx besser?

Ich denke, dass wir Ehrlichkeit und eine gewisse Konstanz vermitteln. So etwas spricht sich herum und macht es leichter, gute Leute zu finden. Aber ein Ehrenamt muss man natürlich auch wollen und dann auch mit ganzer Kraft ausüben.

Was bedeutet Heimat für Sie?

Da muss ich mal den Horst Seehofer fragen (lacht).

Nicht erst seit dem WM-Aus heißt es, der DFB habe sich von der Basis entfernt. Was wünschen Sie sich vom Verband?

Ich will keine großen Forderungen stellen. Bei der WM hat es mich gewundert, dass nicht alle Nationalspieler die Hymne mitgesungen haben.

Im WM-Finale 1974 sang kein einziger deutscher Spieler mit.

Für mich gehört das Singen der Hymne dazu. Die Schweizer oder Franzosen schaffen das doch auch.

Hätte mehr stimmlicher Einsatz das DFB-Team also vor dem frühen Aus bewahrt?

Wahrscheinlich nicht. Mich würde es trotzdem freuen, wenn die Nationalspieler mitsingen würden. Das drückt einfach Verbundenheit aus.

Wie bewerten Sie den Fall Mesut Özil?

Schade, dass das Ganze so eskaliert ist. Ihn zum Sündenbock zu machen, war sicher falsch, genauso wie es seine Fotos mit Erdogan waren.

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