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Sport: Österreich kommt in die Pfalz

Trainer Kurt Jara, zuletzt beim Hamburger SV, soll Kaiserslautern retten – doch am ersten Tag fehlte er

Kaiserslautern. Besonders erfolgreich begann die Dienstzeit von Kurt Jara beim 1. FC Kaiserslautern nicht. Der neue Trainer der Pfälzer erschien zu seiner eigenen Vorstellung erst gar nicht. Er saß in irgendeinem Büro mit Anwälten zusammen, um seinen Vertrag mit dem Hamburger SV aufzulösen. Um 14 Uhr sollte er als strahlender neuer Mann auf dem Podium in Kaiserslautern sitzen. Im Akkord rannte Pressesprecher Michael Novak zu den wartenden Journalisten und verkündete Verzögerungen.

„Wir sind uns mit Kurt Jara einig, er wird einen Eineinhalbjahresvertrag unterschreiben, der auch für die zweite Liga gilt“, sagte der FCK-Vorstandsvorsitzende Rene C. Jäggi. „Es tut uns Leid, dass er nicht hier sein kann. Aber er ist ein Mann, der Erfolge hatte, der seit Sonntag umfangreiches Videomaterial über unsere Mannschaft hat und morgen das erste Training leitet“, sagte Jäggi. Der Neue, führte Jäggi aus, musste vor allem finanzierbar sein – Jara als Billiglösung? Jäggi hatte eine Art Notliste abgeklappert und einige Gespräche mit Kandidaten geführt.

Nun ist es ausgerechnet der 53-jährige Fußballlehrer aus Österreich geworden, der keine schönen Erinnerungen an die Pfalz hat. Am19. Oktober 2003 ging er mit seinem damaligen Klub, dem Hamburger SV, ohne Chance mit 0:4 unter. Zwei Tage später war er seinen Job dann los. Sie mochten ihn nicht mehr im Norden. Zu brav sei er, viel zu sehr der liebe Onkel, dem es nicht gelingen wollte, die vielen Nationen im HSV-Kader zu integrieren. Ob Jara für den in Bedrängnis geratenen Kaiserslauterner Chef eine Befreiung sein kann? Die Experten sind skeptisch.

Unglücklicher jedenfalls hätte Jäggi, der sich gerne als dynamischer Geschäftsmann darstellt, die ganze Sache nicht anfangen können. Jara sind die Umstände seiner Verpflichtung erst einmal egal, er will zeigen, dass Trainer mit österreichischer Herkunft in der Bundesliga erfolgreich sein können.

Wenn Jara aus den Erfahrungen in Hamburg klug geworden ist, dann fängt er gar keine von diesen im Profifußball so gerne geschlossenen Männerfreundschaften mit seinem neuen Chef Jäggi an. Kurz nach der Niederlage als Hamburger Trainer in Kaiserslautern hatte der HSV-Vorstandsvorsitzende Bernd Hoffman ihm großspurig das Vertrauen ausgesprochen. Zwei Tage später war Jara arbeitslos. Über ähnliche Abläufe denkt jetzt auch Erik Gerets auf seinem Bauernhof in Belgien nach. Wie eine Glucke hatte ihn Jäggi verteidigt, in Sitzungen der Vereinsspitze hatte er mit dem eigenen Rücktritt gedroht, sollte man Gerets rauswerfen wollen. „Wir ziehen das durch“, sagte der Jäggi über seinen Freund, „notfalls mit nur 15 Spielern“. Dabei hatte die Freundschaft längst tiefe Risse bekommen als Jäggi im September 2003 Gerets vor den Spielen gegen Freiburg und Frankfurt ein Ultimatum stellte und mindestens vier Punkte aus diesen beiden Spielen forderte. Das Verhältnis blieb seitdem zerstört.

Richtig ist wohl, dass beide gemeinsam für die fehlgeschlagene Einkaufspolitik zuständig sind. Höhepunkt der merkwürdigen Einkaufstour, die sich auf zweitklassige ausländische Profis beschränkte, war die Verpflichtung von Steffen Freund. Freund kauften die Pfälzer direkt vom Rasen eines Benefizspiels der Michael-Schumacher Traditionself weg. Das Duo sperrte Gehälter, kürzte Prämien, warf Spieler raus, den unruhigen Kader aber konnten sie nie befrieden. Am Montagabend griff Jäggi dann erst zum Telefon, um Gerets seine Entlassung mitzuteilen, und fuhr dann zu ihm in dessen Wohnung. Es wird ein trauriger Abend für beide gewesen sein. „Es war ein sehr emotionales Gespräch, es war ein schweres Wochenende“, berichtete Jäggi.

Jetzt muss Kurt Jara versuchen, alles besser zu machen. Aber Jara startet auch mit einer gesunden Portion Misstrauen in die kommenden Spiele gegen Köln, Bremen und Stuttgart. Es spricht auch nicht gerade für Weitsichtigkeit, dass Jäggi Gerets noch die Vorbereitung auf die Rückrunde überließ. Einem Kurt Jara wird das jetzt egal sein, aber es wird ihm auch nicht entgangen sein. Was nun zählt, sind Siege – sonst muss Jara seinen Vertrag in der Zweiten Liga erfüllen.

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