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Formel 1: Öko ist gefährlich

Die Formel 1 will Hybridtechniken einsetzen - doch die Euphorie hat in den letzten Wochen durch zwei Zwischenfälle innerhalb weniger Tage einen ziemlichen Dämpfer bekommen.

Was kommt heraus, wenn die Formel 1 mehr Umweltbewusstsein demonstrieren will? Momentaner Zwischenstand: ein Brand und ein Personenschaden durch Stromschlag. Der Grund ist KERS. Die Abkürzung steht für Kinetic Energy Recovery System und ist das Lieblingsprojekt von Max Mosley. Der Präsident des Automobil-Weltverbands Fia erhofft sich vom System zur Bremsenergie-Rückgewinnung zum Ende seiner Amtszeit positive Effekte für den Sport und sich selbst.

Bei den Automobilherstellern fand die Idee zur Erhöhung der Energieeffizienz auch viel Anklang, nicht nur aus Imagegründen, sondern auch wegen der Perspektiven für die Serienproduktion. Dort könnte es helfen, Treibstoff zu sparen. Doch die Euphorie bekam in den letzten Wochen durch zwei Zwischenfälle innerhalb weniger Tage einen ziemlichen Dämpfer. Zuerst sorgte eine überladene Batterie im Red-Bull-Werk in England für einen Brand, bei dem auch giftige Dämpfe frei wurden. Dann erhielt ein Mechaniker von BMW-Sauber letzte Woche beim Anfassen des KERS-Autos einen heftigen Stromschlag und verbrachte die folgende Nacht im Krankenhaus, nachdem Herz- Rhythmus-Störungen aufgetreten waren.

KERS ist eine der Hybrid-Technologien, die die Teams ab Saisonbeginn 2009 in begrenztem Umfang einsetzen dürfen. Dabei wird die beim Bremsen freigewordene Energie nicht verschleudert, sondern gespeichert. Beim Beschleunigen steht sie wieder zur Verfügung. Das macht pro Runde für knapp sieben Sekunden rund 80 PS mehr – das könnte Rundenzeitengewinne von etwa zwei Zehnteln und Vorteile beim Überholen bieten.

Beim Vorfall in der BMW-Box saß Testfahrer Christian Klien im Cockpit und war erst einmal ziemlich geschockt. „Mir selbst konnte im Auto nichts passieren, weil ich durch die Gummireifen geerdet war“, sagte er. „Aber natürlich müssen wir analysieren, warum das passiert ist. KERS ist ein neues Terrain – da können immer Probleme auftreten.“

Bis jetzt weiß man bei BMW noch nicht, was passiert ist. „Es gibt bislang noch kein Untersuchungsergebnis“, erklärte Teamchef Mario Theissen vor dem Großen Preis von Ungarn an diesem Wochenende. Ein vergleichsweise simpler, nachvollziehbarer Defekt ist es offenbar nicht. Theissen glaubt dennoch weiterhin an KERS. Aus seiner Sicht ist es die Zukunft, Autos elektrisch oder teilelektrisch anzutreiben. Er gibt allerdings zu: „Es ist eine Risikoentwicklung, bei der wir an die Grenzen des Möglichen gehen. Aber darin liegt auch der Reiz, denn wir werden einen Entwicklungssprung schaffen.“ Mit den Risiken müsse man genauso sorgsam umgehen wie bei jedem anderen Projekt. Außerdem: „Es fahren viele Straßenautos mit viel mehr elektrischer Energie herum, also ist das kein Grund, warum wir es nicht lösen können sollten.“ Eine Notlösung stünde ebenfalls parat: „Wenn wir die Risiken nicht komplett im Griff haben sollten, fahren wir eben noch nicht mit KERS. Man ist nicht dazu gezwungen.“

Die Fia hat inzwischen auch auf die Zwischenfälle reagiert. Zum einen leitet sie die Ergebnisse der Untersuchung bei BMW an die anderen Teams zu Lernzwecken weiter. Außerdem wies der Verband darauf hin, dass man für Unfälle in der Testphase keinerlei Haftung übernehme.

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