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Olympia: Leben auf der Baustelle von Sestriere

Geräumige Zimmer, kurze Wege und ein Traumpanorama: Das Olympische Dorf in Sestriere könnte so schön sein - wenn es denn fertig wäre.

Turin - Kräne, halbfertige Gebäude, Schlamm und schmutzige Schneehaufen verschandeln auch noch einen Tag vor Eröffnung der Spiele das Bild des höchstgelegenen Olympia-Dorfes. «Draußen ist wohl nicht alles fertig geworden», meinte Rodler Thorsten Wustlich zum Leben auf der Baustelle. Drinnen sei aber «alles sehr nett», und die deutschen Rodler und alpinen Skifahrer würden sich in dem auf 2035 Meter Höhe liegenden Dorf auch sehr wohl fühlen.

So diplomatisch wie der zweimalige Weltmeister im Doppelsitzer äußerten sich nicht alle. «Momentan sind wir die Kellerratten», klagte der Cheftrainer der Nordischen Kombinierer aus Österreich, Günther Chromeck. Die Zimmer für sein Team in den unteren Stockwerken hätten nur Oberlichter und keine richtigen Fenster. Die Österreicher beneiden schon Bode Miller und Daron Rahlves: Die amerikanischen Ski-Stars haben sich gegen das für 52,45 Millionen Euro erbaute Dorf entschieden und campieren lieber in ihren Wohnmobilen.

Die meisten der für knapp 2000 Bewohner errichteten Zimmer sind aber hell und einladend. «Die Zimmer sind wirklich sehr in Ordnung», meinte am Donnerstag auch Rodel-Weltmeisterin Sylke Otto. Das Problem ist eher der Weg dorthin. «Man muss halt ab und zu Mal durch den Matsch laufen», berichtete Rodler Alexander Resch. Dafür können die Rodler im abgeschirmten Dorf wenigstens ruhig schlafen. Anders als die Nordischen Kombinierer in ihren Appartements in Pragelato. Erst fiel dort die Heizung und das Warmwasser aus, dann raubte noch eine Party im Haus Ronny Ackermann in der Nacht zum Donnerstag den Schlaf.

In Sestriere stört tagsüber der Baulärm. Ein halbes Dutzend Wohngebäude steht um die schon vor Jahrzehnten von der Fiat-Dynastie Agnelli auf die Passhöhe betonierten runden Hoteltürme. Mit bunten Fahnen verziert, wirken die sonst grauen Wahrzeichen von Sestriere vor den direkt hinter dem Dorf endenden Slalom- und Riesenslalompisten freundlich und einladend.

Genauso wie das lichtdurchflutete Zentrum der Anlage, in der italienische Pasta im Restaurant und die zischende Espresso-Maschine ein bisschen südländisches Flair schafft. Die Küche ist gut, nur die Warteschlangen seien zu lang, meinte Georg Hackl. «Das ist noch optimierungsfähig», sagte der Bayer am Donnerstag.

Ansonsten fehlt es aber an nichts: In der Ladenstraße gibt es einen Friseur, Foto- und Olympia-Souvenirshop und sogar einen kleinen Supermarkt. Selbst für das seelische Heil der Athleten ist gesorgt: Der evangelische Pastor David Wells empfängt im religiösen Zentrum Betreuer und Athleten aller Religionen. «Manche kommen regelmäßig, andere beten hier auch nur mal vor einem Wettkampf», erzählte der schon in Athen 2004 eingesetzte Geistliche aus Vancouver. (Von Bernhard Krieger, dpa)

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