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Sport: Olympia ohne Pistolera

Nicole Struses internationale Tischtenniskarriere geht unglücklich zu Ende

Berlin - Tischtennis ist ein Kampf ums Überleben, so sieht es oft aus, wenn Nicole Struse spielt. Breitbeinig wie eine Pistolera steht sie nach einem wichtigen Punktgewinn schon mal am Tisch, zieht ihre Faust aus der Hüfte und brüllt ihrer Gegnerin ins Gesicht. Insofern wird Tischtennis in Zukunft etwas weniger dramatisch. Oder andersherum: vielleicht auch etwas weniger unterhaltsam. Denn erst nominierten die Bundestrainer die deutsche Rekordmeisterin nicht für die Mannschaftsweltmeisterschaft Ende Februar in Guangzhou. Und für die Olympiaqualifikation Anfang April in Nantes haben sie nun auch einer anderen den Vorzug gegeben. Das kann eigentlich nur eines bedeuten: Die internationale Karriere von Nicole Struse geht zu Ende.

Es hätte für die 36-Jährige wohl keinen schöneren Laufbahnabschluss geben können als die Olympischen Spiele im Tischtennisland China. So franst die Karriere der mehrfachen Europameisterin nur aus. „Dass man mich so abserviert, damit hätte ich nicht gerechnet“, sagt Struse, die nun überlegt, ob sie an diese Bundesligasaison beim FSV Kroppach noch eine dranhängen soll. In der Weltrangliste steht sie mit Position 60 noch 41 Plätze besser da als die 20 Jahre alte Zhenqi Barthel, die nun statt Struse nach Nantes fährt. Doch für Struse lief es in den vergangenen Monaten immer schlechter.

Ein ums andere Mal schied sie bei Turnieren der internationalen Pro Tour früh aus. „Ich habe von zehn Spielen, glaube ich, neun im siebten Satz verloren“, erzählt Struse, „vielleicht habe ich da schon ein bisschen gespürt, dass mir der Rückhalt fehlt.“ Sportdirektor Dirk Schimmelpfennig musste in den vergangenen Monaten auch eine ganz andere Nicole Struse kennenlernen: „Konstant schwach über einen so langen Zeitraum hat sie noch nie gespielt. Ihre Schläge hatten nur noch 60 Prozent Intensität, und sie hat einfach nicht mehr ihre Aggressivität gefunden.“ Er und seine Trainerkollegen hätten jedenfalls nicht mehr damit gerechnet, dass Struse aus ihrem Tief noch einmal nach oben kommt.

Sie selbst hatte immer noch gehofft. „Ich habe versucht, mich in das Gesamtkonzept einzubringen.“ Im Dezember verlegte sie ihren Trainingsort von Grenzau ins Bundesleistungszentrum nach Düsseldorf. Genützt hat ihr das nichts mehr. Ebenso wenig wie frühere Erfolge. „Ich war bei großen Turnieren immer gut“, sagt sie.

In der Tat ist Nicole Struse die erfolgreichste deutsche Spielerin der vergangenen Jahrzehnte. In ihrem besten Jahr 1996 gewann sie drei EM-Titel, auch den im Einzel, und erreichte bei den Olympischen Spielen in Atlanta das Viertelfinale. Bei den letzten Weltmeisterschaften 2007 in Zagreb kam sie immerhin noch im Doppel unter die besten acht. Die Entscheidung sei ihnen daher auch besonders schwer gefallen, sagt Sportdirektor Schimmelpfennig. „Aber es gab einfach keine Möglichkeit, hier Dankbarkeit zu zeigen.“

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