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Olympische Winterspiele

© dpa

Olympiabewerbung: Party in der virtuellen Welt

Als als Sotschi die Olympischen Winterspiele 2014 inne hatte, kannte die Freude keine Grenzen. Präsident Wladimir Putin gilt als Garant des Erfolgs.

Standhaft sind die Menschen in Sotschi. Bis nachts um drei harrten mehr als 5000 Menschen in der Innenstadt vor einer Großbildleinwand aus, um auf die Entscheidung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) zu warten. Als es so weit war und Sotschi als Austragungsort der Olympischen Winterspiele 2014 auserkoren wurde, rissen die Menschen vor Begeisterung die Arme in die Höhe, tanzten ausgelassen und ein Feuerwerk brachte die Nacht zum Leuchten. Es wurde so wild gefeiert, dass die Behörden des Kurorts am Schwarzen Meer kurzerhand einen arbeitsfreien Tag ausriefen.

Nach russischer Lesart gibt es einen Garanten des Erfolgs: Präsident Wladimir Putin. Vor allem durch die persönliche Anwesenheit des Kremlchefs in Guatemala-Stadt, wo das IOC über die Vergabe der Winterspiele 2014 entschied, so russische Sportjournalisten, habe Sotschi das Rennen gemacht. Putin selbst lobte die IOC-Entscheidung: „Das ist eine Anerkennung der russischen Verdienste um den Sport, aber auch der wachsenden Möglichkeiten Russlands.“ Er sei absolut überzeugt davon, „Olympische Spiele auf höchstem Niveau abhalten zu können“. Während in Sotschi gefeiert wurde, flossen bei den Mitbewerbern in Pyeongchang und Salzburg bittere Tränen. Selbst eine Entschuldigung Salzburgs für den Doping-Skandal bei den vergangenen Olympischen Winterspielen 2006 in Turin änderte nichts mehr.

In Russland dominierten am Tag danach die Bilder der Partynacht von Sotschi. Die Gegendemonstration indes kam nur bei oppositionellen Radiosendern vor. Bürgerrechtler und Umweltschützer laufen seit Monaten Sturm gegen das Olympiaprojekt. Die Spiele, so hieß es auch in einer Klage von Greenpeace, die das Oberste Gericht in Moskau im Juni abgewiesen hatte, würden Natur und Landschaft im Westkaukasus, irreparable Schäden zufügen. Wettkampfstätten und Hotels sollen in unmittelbarer Nähe von Naturschutzgebieten und Nationalparks entstehen, die zum Weltnaturerbe gehören. Auch die Unesco und die UN-Umweltbehörde, so der Chef der russischen Grünen Partei, Alexej Jablokow, hätten beim IOC ihre Bedenken gegen vorgebracht, seien aber von der aggressiven Lobby kremlnaher Unternehmer ausgebremst worden.

Diese streiten sich inzwischen um die Vergabe von Fördermitteln aus dem nationalen Olympia-Programm. Denn Putin, der bei den Präsidentenwahlen 2008 nicht mehr antreten darf und, wie Gerüchte besagen, selbst Ambitionen für den IOC-Vorsitz haben soll, hatte die Vergabe der Spiele von Anfang an zur Chefsache erklärt. Auch weil Russland, obwohl dessen Sportler vor allem bei Winterspielen reihenweise Medaillen einsammeln, bei der Ausrichtung bisher nur einmal zum Zuge kamen. Doch aus Protest gegen den Afghanistankrieg boykottierte ein großer Teil des Westens 1980 die Sommerspiele in Moskau. Das Budget für die Spiele in Sotschi ist daher nicht von Bescheidenheit geprägt. Allein für den Bau der elf Wettkampfstätten und zweier Olympischer Dörfer will die russische Regierung 8,8 Milliarden Dollar ausgeben, für die Ausrichtung selbst sind weitere 1,5 Milliarden Dollar geplant. Momentan stehen in Sotschi nicht einmal genügend Unterkünfte für die eher anspruchslosen russischen Sommerurlauber zur Verfügung. Sogar Mülldeponien und Kanalisation, die in etwa westlichen Umweltstandards entsprechen, fehlen. Wettkampfstätten gar und die für Olympia erforderliche Infrastruktur existieren bisher nur als Computer-Simulation.

Das vor allem, giftete Jablokow, habe den Ausschlag gegeben, denn bei der Nachrüstung von bereits bestehenden Objekten würden die Prüfer immer ein Haar in der Suppe finden, bei lediglich in der Planung befindlichen Objekten sei „Meckern erheblich schwieriger“. Russlands Umweltschützer seien nicht generell gegen die Spiele, wohl aber gegen Verstöße gegen die Gesetzgebung. Dazu käme, dass viele der geplanten Objekte mit den Spielen selbst nichts zu tun hätten, sondern nur die touristische Attraktivität erhöhen sollen. Geplant sind in der Tat vor allem weitere Luxusunterkünfte. Auch soll der verschlafene Stadthafen mit fast 300 Millionen Euro für Kreuzfahrtschiffe tauglich gemacht werden. Dafür droht mehreren tausend Dörflern die Umsiedlung in Plattensilos. Ohne Gemüsegärten, die bisher ihre Existenzgrundlage waren.

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