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OLYMPISCHES Tagebuch: Zeit zum Zuschauen

Wenn man so ein großes Ziel vor Augen hat wie wir, eine Medaille bei Olympischen Spielen zu gewinnen, und man sieht es vor seinen Augen zerplatzen, fällt man erst einmal in ein richtig tiefes Loch. So ist es mir gegangen nach unserer verpassten Halbfinalteilnahme.

Wenn man so ein großes Ziel vor Augen hat wie wir, eine Medaille bei Olympischen Spielen zu gewinnen, und man sieht es vor seinen Augen zerplatzen, fällt man erst einmal in ein richtig tiefes Loch. So ist es mir gegangen nach unserer verpassten Halbfinalteilnahme. Da komme ich auch nicht so schnell raus und auch nicht auf einmal, es geht nur Stück für Stück. Daran zu denken, dass ich in Athen schon die Goldmedaille gewonnen habe, hilft erst einmal nicht weiter, dazu lebt man doch zu sehr in der Gegenwart und hat für ein neues Ziel gearbeitet.

Es liegt heute alles so nahe zusammen, das sehe ich hier gerade um mich herum. Da kommen deutsche Sportler jubelnd mit Gold von ihrem Wettkampf ins olympische Dorf zurück und im nächsten Moment jemand, der Vierter geworden ist. Auch wir hatten in unserem Turnier Schwankungen, unsere Aufs und Abs. Ich hatte sehr darauf gehofft, dass wir es noch schaffen, von Platz eins bis acht war für uns im Grunde alles drin. Aber es hat leider nicht für das Halbfinale gereicht.

Ich habe mich danach natürlich nicht verkrochen, sondern mir eher ein paar schöne Ablenkungen gesucht, war auf der MS Deutschland und im Deutschen Haus, habe unseren Volleyballern zugeschaut. Ich freue mich auch über alle E-Mails und SMS mit tröstenden Worten, die ich aus Deutschland bekomme. Und über den Zuspruch von den Fans hier in London. Sie erinnern mich immer wieder daran, wie toll das ist, was ich hier alles erleben darf.

Gerade in diesen Tagen bin ich auch froh, eine Mannschaftssportlerin zu sein. Es ist schön, dass man jetzt die anderen um sich herum hat, und wir stärken uns gegenseitig, so gut wir nur können.

Es sind meine letzten Olympischen Spiele, deshalb versuche ich die verbleibenden Tage auf jeden Fall noch zu genießen. Ich würde mir später bestimmt Vorwürfe machen, wenn ich jetzt eine Woche traurig wäre, anstatt aufzunehmen, was alles um mich herum passiert. Das Gute an meiner Situation ist ja, dass ich mir jetzt viel mehr Sport anschauen kann. Ich werde hoffentlich in London noch einige olympische Momente erleben.

In ein paar Tagen wird es mir besser gehen, da bin ich mir sicher.

Aufgezeichnet von Friedhard Teuffel. In unserer Kolumne wechseln sich die Korrespondenten Friedhard Teuffel und Frank Bachner mit dem britischen Autor Roger Boyes und der deutschen Hockeyspielerin Natascha Keller ab.

Natascha Keller

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