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Ordens-Verleihung: "Phantom" Klinsmann zurück in Berlin

Kanzlerin Merkel hat dem früheren Bundestrainer Jürgen Klinsmann das Bundesverdienstkreuz verliehen. Klinsmann selbst legt offenbar weiterhin keinen Wert auf Öffentlichkeit und erklärte, er sei lediglich "als Privatier" in Deutschland.

Berlin - Vor 234 Tagen hatten ihn seine Fans in Berlin noch frenetisch gefeiert - bei seiner ersten Rückkehr an die Jubelstätte war Jürgen Klinsmann nur als "Phantom" in der Stadt. Dabei war der einstige Fußball-Bundestrainer und "Macher" des WM-Sommermärchens von Bundeskanzlerin Angela Merkel persönlich eingeladen worden, um sich das Bundesverdienstkreuz ans Jacket heften zu lassen. Doch selbst die Regierungschefin machte für Klinsmann, der ganz Deutschland in schwarz-rot-goldene Euphorie versetzt hatte, die Ehrung zu einem "internen Termin" im Kanzleramt.

Klinsmann sieht sich nicht als öffentlicher Mensch, obwohl ihn auch die Öffentlichkeit mit zu dem machte, was er heute ist: Ein unabhängiger, begehrter und wohlhabender Mann. "Ich mache mir keinen Kopf, es jedem Recht machen zu müssen", hatte der 108-malige Nationalspieler, Welt- und Europameister erklärt. Und so konnten bei seinem ersten Deutschland-Besuch nach der WM auch nur die engsten Vertrauten mit ihm sprechen: Die Familie in Stuttgart und einige seiner WM-Mitstreiter. Das Interesse der großen Fußball-Gemeinde ignorierte Klinsmann, der nach WM-Platz drei das Amt an seinen Assistenten Joachim Löw weiter gegeben hatte.

Verhältnis zum DFB angespannt

An eine Teilnahme am Gipfeltreffen des deutschen Fußballs am Donnerstag habe er nie gedacht, ließ Klinsmann über sein Umfeld verlauten: Er sei "rein als Privatier" in Deutschland. Der 42-Jährige soll überhaupt erst nach seiner Ankunft aus Los Angeles von der Veranstaltung, bei der nochmals ein offizieller Schlussstrich unter die WM 2006 gezogen wird, erfahren haben. Das Verhältnis zum alten Arbeitgeber DFB ist angespannt, in der Zentrale hat er eine Reihe von Kritikern und sogar Feinden hinterlassen.

Dem offiziellen Auszeichnungsakt der DFB-Elf am 14. August bei Bundespräsident Horst Köhler war Klinsmann fern geblieben, weil "andere im Mittelpunkt stehen" sollten. Auch zur Premiere des WM-Films "Deutschland - ein Sommermärchen" kam der Hauptdarsteller nicht. Ein einziges Interview gab Klinsmann seit dem Bundestrainer-Abschied, "weil es nicht um meine Person geht, sondern um diese großartige Zeit im Sommer", begründete Klinsmann im Wochenblatt "Die Zeit" seinen Komplett-Rückzug. "Wenn ich der Auffassung bin, ich gebe einen Monat lang kein Interview, dann gebe ich einen Monat lang kein Interview", hatte Klinsmann schon als Bundestrainer gesagt.

Klinsmann fühlt sich Merkel verbunden

Zahlreiche Anfragen von Medien und Unternehmen aus Deutschland lehnte der Wahl-Amerikaner, der schon als Spieler seine eigenen Interessen eisern durchgesetzt hatte, ab. Dass während der WM und danach auch ein kritisches Bild von ihm gezeichnet wurde, nahm er in Kauf: "Die Menschen, die mir wichtig sind, kennen das wirkliche Bild." Er sei "völlig unabhängig", stellte Klinsmann immer wieder als seinen größten Vorteil heraus. Schon sein vor zwei Jahren verstorbener Vater Siegfried hatte streng darauf geachtet, dass in der Familie Klinsmann das Private von "da draußen" getrennt wurde.

Dass Angela Merkel, ein bekennender Klinsmann-Fan, als Überbringerin des Verdienstkreuzes auserkoren war, dürfte den Schwaben besonders gefreut haben. Die Umarmung der Kanzlerin hatte Klinsmann schon bei der WM als "Ehrlichkeit pur" genossen: "Sie ist unabhängig in ihrer Welt, ich bin es in meiner. Sie braucht mich nicht, sie verspricht sich keinen Nutzen von mir, wie auch? So findet man zueinander", hat Klinsmann im einzigen Nach-WM-Interview gesagt. Spätestens Ende der Woche wird der Ausgezeichnete wieder bei Frau Debbie sowie den Kinder Yonathan und Laila in Newport Beach sein. (tso/dpa)

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