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Sport: Pädagogisch wertvoll

In Sachen Integration südamerikanischer Spieler hat Leverkusen Hertha einiges voraus

Berlin. Neulich war es, als Alex Alves einen bemerkenswerten Satz sagte. Er sagte: „Ich liebe das harte Training.“ Eigentlich wollte er sagen, dass sein Verein Hertha BSC und seine Wahlheimat Berlin ab sofort einen anderen Alves kennen lernen werden. Das Gegenteil vom nörgelnden, divenhaften Faulpelz. Neulich war vorige Woche, übrigens die 146., die der Brasilianer in Berlin lebt.

Es war eine Woche, in der noch ein anderer Brasilianer auf sich aufmerksam machte. Nur hatte Luizao, der im Sommer kam, besonders schlechte Laune. Gründe mag es mehrere gegeben haben. Vielleicht war es der erste Schnee, der für einen Tag in der Stadt lag. Oder, dass Luizao zuletzt nicht mehr spielte. Schwer für einen, der eben noch Weltmeister geworden ist, fast 300 Tore in der Heimat geschossen hat, aber in acht Spielen für Berlin nicht eins erzielte.

Fastentage des Matadors

Mittlerweile hat sich das bis in seine Heimat herumgesprochen. Die „Lance“, Brasiliens größte Sportzeitung, titelte jetzt: „Die Fastentage des Matadors“. Am Sonnabend wird im brasilianischen Fernsehen sogar das Bundesligaspiel von Hertha gegen Bayer Leverkusen live zu verfolgen sein. Denn in Leverkusen spielen auch Brasilianer – Lucio, Juan und Franca. Nur sind von denen keine Klagen nach drüben gedrungen. Was auch an Frank Ditgens liegt. Der ist 36 und seit zwei Jahren offiziell Pädagogischer Leiter von Bayer Leverkusen. Inoffiziell ist er der Ausländerbeauftragte. „Bei uns kümmert sich eine Vielzahl von Mitarbeitern um die ausländischen Spieler“, sagt Ditgens.

Ditgens Vorgänger Heinz Prellwitz leistete bei der Integration von Südamerikanern in die Bundesliga Pionierarbeit. Tita (1987) und Jorginho (89) waren die ersten Brasilianer in Leverkusen. Ein unschätzbarer Vorteil. In Berlin musste alles sehr viel schneller gehen. Als Alves Anfang 2000 nach Berlin kam, war Hertha nur bedingt auf die Besonderheiten, die brasilianische Spieler samt ihrem Geschick mitbringen, vorbereitet. Zudem erwies sich der Spieler als besonders hartnäckig. Herthas Manager Dieter Hoeneß hatte daher frühzeitig erwogen, Alves einen Landsmann zur Seite zu stellen und landete mit dem unkomplizierten Marcelinho einen Volltreffer. Bei Luizao wäre man schon froh, wenn ein Mittelweg gelänge.

Als wichtigster Integrationsfaktor werden allgemein die Sprachkenntnisse angesehen. Das ist ein sozialer Aspekt und ein wirtschaftlicher. „Diese Spieler kosten sehr viel Geld. Allen ist daran gelegen, dass diese Spieler an Wert gewinnen“, sagt Ditgens. „Einmal geht das über die sportliche Leistung, aber auch über ein Interview auf Deutsch.“ Das erhöhe ungemein den Stellenwert bei den Fans des Vereins. „Die Spieler fühlen sich so wohler.“ In Leverkusen kümmert sich ein professionell geführtes Team um die Belange der Spieler, angefangen von der Organisation der Arztbesuche über das Wohnen bis hin zum Gang zur ortsansässigen Sparkasse.

Ein Deutschbuch für Fußballer

Bei Ditgens, der selbst den Sprachunterricht leitet, laufen sämtliche Informationen zusammen. „Jeder Spieler hat dann noch seinen eigenen Betreuer oder Betreuerin“, sagt Ditgens. Meist Muttersprachler, die lange in Deutschland leben. Bei Bayer basteln sie in Zusammenarbeit mit der Uni Dortmund an einem Deutschbuch speziell für Fußballer. Entgegen der Standardwerke soll das frei sein von Begrüßungsfloskeln und langatmigen Anleitungen zum richtigen Gebrauch einer Waschmaschine, wie Ditgens erzählt.

Hertha beschäftigt derzeit 49 Personen auf der Geschäftsstelle. Da gibt es viele, die irgendwie bei der Integration helfen, sagt Geschäftsstellenleiter Matthias Huber. Irgendwann wird es auch einen geben, der alles hauptamtlich koordiniert. Herthas Sprachlehrer auf Honorarbasis, Alcir Pereira, weilt gerade bei seinem kranken Bruder in Dubai.

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