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Sport: Pamplona kann auch Fußball

In Spanien überraschend ganz vorn dabei: Wer ist eigentlich Osasuna?

Pamplona ist eine berühmte Stadt, doch wer kennt schon ihren Fußballklub? Wir alle haben schon von den Stieren gehört, die im Sommer durch die baskische Stadt trampeln, aber bislang kaum etwas von CA Osasuna. Das hat sich in dieser Saison geändert. Hartnäckig hält sich der Klub in der Spitze der spanischen Liga – zwar hinter dem unerreichbar enteilten FC Barcelona, aber vor Real Madrid und vielen anderen etablierten Vereinen.

Bleibt das Team oben? Hat Osasuna, der Klub, der in seiner 85-jährigen Geschichte noch nie etwas gewann, das Zeug zum Spitzenteam? Oder wird er wieder in der Bedeutungslosigkeit verschwinden? Das wird sich in dieser Phase der Saison zeigen. Schon das heutige Auswärtsspiel bei Villarreal zum Auftakt der Rückrunde könnte einen Hinweis darauf geben, wo es in Zukunft mit Osasuna hingeht.

Auch die Stadt selbst hat sich nie so recht entschieden, wohin sie eigentlich gehört. Der Klubname ist baskisch, Osasuna bedeutet Gesundheit. Doch in dieser Saison hat der Verein sein Stadion in „El Reyno de Navarra“ (Das Königreich von Navarra) umbenannt und knüpft damit an eine Tradition der Region an, die bis ins 16. Jahrhundert ein unabhängiges Königreich war. Zwölf Spieler im aktuellen Kader kommen aus der Region Navarra, darauf ist man stolz. Gleichzeitig unterhält Osasuna offiziell gute Beziehungen zu den etwas weiter nördlich beheimateten baskischen Klubs Athletic Bilbao und Real Sociedad San Sebastian. Doch die Fans lassen sich ungern vereinnahmen, wenn es auf den Sportseiten der regionalen Blätter mal wieder um die baskische Sache gehen soll. Dieser Unwillen hat Tradition: Miguel Indurain, der große Radrennfahrer, der aus der Gegend um Pamplona stammt, sah sich nie als Baske und amüsierte sich stets darüber, wenn sein sportlicher Ruhm für politisch-separatistische Zwecke benutzt wurde. Selbst klimatisch steht es unentschieden um Pamplona: Die Stadt ist brüllend heiß im Sommer, wenn sie von den vielen Fiestas vibriert. Im Winter liegt sie eisig kalt da und wirkt wie verlassen von ihren Bewohnern.

Sportlich soll es diesmal eindeutiger zugehen: Die Champions League lockt. Die vergangene Saison ist allerdings eine Warnung. Auch damals startete Osasuna viel versprechend und legte dann eine verheerende Serie hin. Am Ende landete der Klub mit der schlechtesten Abwehrbilanz der Liga auf Platz 15, mit dem gerade noch der Abstieg verhindert wurde. Immerhin sprang eine Pokalfinalteilnahme und damit die erstmalige Qualifikation für den Uefa-Cup heraus. Als Osasuna aber gleich in der erste Runde gegen Rennes ausschied, begannen die Fans die Künste ihres mexikanischen Trainers Javier Aguirre anzuzweifeln. Mit einer Mannschaft, die mit dem Uruguayer Pablo Garcia (zu Real Madrid) und dem Australier John Aloisi (nach Alaves) ihre besten Spieler verloren und mit dem Torwart Felipe Ricardo (von Manchester United) nur eine Verstärkung verzeichnet hatte, wird wohl in dieser Saison nichts zu holen sein, glaubten viele. Doch es kam alles anders.

Osasuna gewann die ersten neun Heimspiele und hat immer noch eine bessere Heimbilanz als Tabellenführer FC Barcelona. Der Erfolg des Teams ist stilbildend für diese Saison in Spanien: Die Mannschaft funktioniert als Einheit, das Arbeitsethos zählt zuallererst. Dass so etwas funktionieren kann, hat sich herumgesprochen. Sogar bis Madrid. Bei Real ist der Mythos der galaktischen Individualisten zerstört, man besinnt sich auf längst überkommen geglaubte Tugenden wie Teamgeist. Der Rest ist Arbeit.

Der Brite Phil Ball lebt im Baskenland und hat das Buch „Morbo. The story of Spanish football“ (When Saturday Comes Books) verfasst. Der Text wurde aus dem Englischen von Markus Hesselmann übersetzt.

Phil Ball[Pamplona]

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