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Die Badekappe für immer abgelegt: Paul Biedermann (r.) beendet seine Karriere.

© dpa

Paul Biedermann tritt ab: Ein letztes Mal hinterhergeschwommen

Die Leistungen der deutschen Schwimmer bleiben ernüchternd, nur Paul Biedermann zeigt sich nach seinem letzten Rennen gelöst. Eine Medaillenhoffnung gibt es aber noch.

Zum Abschluss seiner Karriere hatte Paul Biedermann noch einmal das Vergnügen, direkt neben Michael Phelps ins Wasser zu springen. Allerdings war der beste Schwimmer und erfolgreichste Olympia-Teilnehmer aller Zeiten schon eine ganze Weile unterwegs, als auch Biedermann endlich sein Rennen aufnehmen konnte. Die deutsche 4 x 200 Meter Freistil hatte bereits vor ihrem Schlussschwimmer den Anschluss an die Medaillenränge mit dem US-Team an der Spitze verloren. Als Biedermann am Mittwochabend nach seinem letzten Rennen als Sechster anschlug, konnte sich Phelps bereits eine ganze Weile für seinen 21. Olympiasieg feiern lassen. Kurz zuvor hatte der 31-Jährige bereits Gold über 200 Meter Schmetterling gewonnen, für die Fernsehkameras und Fotografen seinen kleinen Sohn Boomer und seine Frau geküsst – um dann mit der Staffel schnell noch die nächste Goldmedaille einzusammeln.

„Ich habe mich gefreut, noch einmal gegen Phelps zu schwimmen“, sagte Biedermann. „Das hat alles gepasst. Es ist einfach schön gewesen.“ Der 30-Jährige wirkte sehr entspannt, beinahe erleichtert. „Dieser Abschluss ist okay, ich bin mit mir im Reinen.“ Der Hallenser tritt als zweifacher Weltrekordler ab, eine Medaille konnte er aber auch bei seinen dritten olympischen Spielen nicht gewinnen. „Die Olympia-Medaille wird ein Traum bleiben, aber dann ist es so“, sagte Biedermann.

Ein Freund und Vorbild dankt ab

Seine Mannschaftskollegen nahmen den Abschied ihres Idols weniger gefasst auf. Florian Vogel und Christoph Fildebrandt konnten die Tränen nicht zurückhalten, als sie über das letzte gemeinsame Rennen und das Staffeltraining mit Biedermann sprachen. „Wir haben Paul zum Abschluss leider nicht mehr schenken können. Das schmerzt“, sagte der 21-jährige Vogel. „Wir hätten ihm gerne mehr gegeben, weil er der größte Schwimmer ist, den es in Deutschland je gegeben hat. Und mein Freund, mein Vorbild.“ Biedermann klopfte dem jungen Münchner auf die Schulter, wirklich aufmuntern lassen wollte sich Vogel aber nicht.

Noch schlechtere Laune hatte wohl nur der deutsche Chef-Bundestrainer. Henning Lambertz hatte das gesamte Staffelrennen mit versteinerter Miene verfolgt, eine Hand hatte der 45-Jährige vor den Mund geschlagen, die andere vor der Brust verschränkt. „Es war heute mega enttäuschend“, sagte Lambertz später, während im Hintergrund einmal mehr die US-Nationalhymne durch das Olympic Aquatic Stadium schallte. Nicht nur die Kraulstaffel, der eine kleine Außenseiterchance auf eine Medaille zugetraut worden war, hatte die Erwartungen nicht erfüllen können. Franziska Hentke war nach ihrem Rennen über 200 Meter Schmetterling sogar völlig verzweifelt. Die Magdeburgerin war die einzige weibliche Medaillenhoffnung im deutschen Team, ihre Zeit von 2:07,67 Minuten bedeutete aber das Aus im Halbfinale. Eigentlich sei sie in Topform gewesen, schluchzte die 27-Jährige und brachte den nächsten Satz nicht mehr zu Ende: „Zweieinhalb Sekunden über Bestzeit, das ist einfach …“

Marco Koch als letzte Hoffnung

Damit bleibt Lambertz und seiner Mannschaft in Rio de Janeiro nur noch eine einzige realistische Medaillenhoffnung, womöglich bleibt es sogar bei einer Finalteilnahme. Die gehört Marco Koch, der über 200 Meter Brust den Endlauf erreichte. Aber selbst der Weltmeister überzeugte nicht wirklich, Die Zeit von 2:08,12 Minuten bedeutete im Halbfinale Platz sieben. „Ich war schneller als im Vorlauf und bin weiter“, sagte Koch aber fröhlich. „Was will man mehr? Die Zeit ist egal. Morgen wird es wichtig.“ Dem Darmstädter machte es auch nichts aus, dass er im Endlauf in der Nacht zu Donnerstag weit außen auf Bahn 7 antreten muss. „So weit ich weiß, sind alle Bahnen 50 Meter lang“, sagte Koch.

Paul Biedermann muss sich über Qualifikationszeiten und Bahnverteilungen nicht mehr den Kopf zerbrechen. Er freue sich darauf, nicht mehr immer früh aufzustehen und nicht mehr trainieren zu müssen. Es gebe tolle Talente in Deutschland, das Schwimmen sei auf dem richtigen Weg. „Es ist an der Zeit, dass ich abtrete und die Leute selber ins Licht kommen“, sagte Paul Biedermann, der in diesem Moment schon ein Ex-Schwimmer war. „Es ist gar nicht so schlecht, wenn einer mal geht und Platz ist für die anderen.“ Wer Biedermanns Platz füllen kann, ist aber völlig unklar.

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