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Freie Platzwahl. Beim Asien-Cup bleiben bisher viele Sitze in den Stadien leer. Foto: dpa

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Sport: Perfekt organisiertes Desinteresse

Beim Asien-Cup übt Katar schon einmal für die Fußball-Weltmeisterschaft in elf Jahren.

Berlin - Es war ein ungleicher Kampf. 90 lange Minuten hatte Sebastian Soria seinen Gegenspieler Hussein Fadhel vorgeführt: Soria trickste, er schlug Haken und war mit dem Ball meist schneller als Fadhel ohne. Es gibt Fußballstadien, in denen wäre der Stürmer von den eigenen Fans gefeiert worden – nicht so in Katar. Als das Spiel zwischen Katar und Kuwait vorbei war, wurden Soria und seine Mitspieler nur mit verhaltenem Applaus bedacht. Dabei hatten sie gerade 3:0 gewonnen.

In Katar findet gerade der Asien-Cup statt. Das Turnier ist Asiens Pendant zur Europameisterschaft und steht unter besonderer Beobachtung, weil Katar die Ausrichtung der Weltmeisterschaft 2022 zugesprochen bekommen hat. Bis dahin sind es zwar noch elf Jahre, doch schon jetzt gilt der Asien- Cup als Testlauf für die WM. Nach deren Vergabe wurden aus Fußballerkreisen immer wieder Zweifel laut, ob Katar in der Lage ist, ein solches Großereignis zu veranstalten. Zu klein, zu heiß, keine Fußballkultur – das sind die am häufigsten vorgebrachten Argumente der Katar-Gegner.

Aus organisatorischer Sicht verläuft der Asien-Cup bisher problemlos. Das bestätigt Wolfgang Sidka, der die Mannschaft von Titelverteidiger Irak als Trainer betreut. „Die Katari sind tolle Gastgeber, alles ist bestens durchorganisiert.“ Doch der dürftige Zuschauerzuspruch beim Asien-Cup macht den Veranstaltern zu schaffen. Bisher war noch kein Spiel ausverkauft, sogar beim Eröffnungsspiel zwischen Katar und Usbekistan blieben mehr als 10 000 Plätze leer. Besonders auffällig wird das geringe Interesse am Turnier, wenn Gastgeber Katar nicht spielt. Meistens bleiben die Zuschauerzahlen im vierstelligen Bereich. Tiefpunkt war das Duell der Rekordtitelträger Saudi-Arabien und Japan, zu dem sich 2022 Fans im Stadion von Ar-Rayyan verloren.

Neben den Auftritten von Katar sind lediglich die Spiele der indischen Mannschaft besser besucht. In Katar leben viele Inder, die dort als Billiglohnkräfte Arbeit gefunden haben. Um den Indern die Teilnahme am Asien-Cup zu ermöglichen, bedurfte es einer fragwürdigen Entscheidung durch den asiatischen Fußballverband AFC. Während sich die meisten Teams einer Qualifikationsrunde unterziehen mussten, wurde Indien quasi per Wildcard eingeladen, weil das Team den AFC Challengers Cup 2008 gegen Mannschaften wie Myanmar oder Afghanistan gewonnen hatte. In Katar verloren die Inder alle drei Vorrundenspiele und schieden mit der schlechtesten Bilanz aller Teams aus. „Wo sollen die Fans auch herkommen?“, fragt Wolfgang Sidka. „Katar hat nur rund eine Million Einwohner, davon sind 800 000 Gastarbeiter.“

Aus den anderen Teilnehmerländern sind nur wenige Fans nach Katar gekommen, um ihr Team zu unterstützen. Von großer Begeisterung rund um das Turnier ist in Doha nicht viel zu sehen, erzählt Jan Wiese. Der Berliner lebt seit fünf Jahren in der Hauptstadt Katars. „Im Grunde ist kaum spürbar, dass hier ein großes Turnier stattfindet. Nur in den Hotels halten sich mehr Presseleute auf als sonst, was an den erhöhten Sicherheitskontrollen zu merken ist“, sagt Wiese.

Sportlich hätten die Katari allen Grund zum Jubeln. Durch den Sieg gegen Kuwait qualifizierte sich die Mannschaft fürs Viertelfinale. Am Freitag geht es dort gegen den großen Favoriten Japan. Auch Südkorea, Australien und dem Iran werden gute Chancen auf den Turniersieg eingeräumt. Doch Katars Trainer Bruno Metsu glaubt, dass sein Team den Asien-Cup zum ersten Mal gewinnen könnte. Um dieses Ziel zu verwirklichen, haben die Funktionäre in Katar eine multikulturelle Nationalmannschaft zusammengestellt. Neun Spieler aus dem 23-köpfigen Aufgebot haben ihren Geburtsort in einem anderen Land und besitzen eine doppelte Staatsbürgerschaft. Katars Stars sind der eingebürgerte Brasilianer Fabio Cesar, Ghanas Lawrence Quaye, Senegals Quarsem Burhan oder eben Sebastian Soria, der eigentlich aus Uruguay stammt. Auch Trainer Metsu ist kein Unbekannter. Der Franzose führte den Senegal bei der WM 2002 ins Viertelfinale und soll nun in Katar für Erfolge sorgen. Damit Metsus ehrgeiziges Vorhaben auch verwirklicht werden kann, braucht die Mannschaft aber noch drei Siege. Und Tore. Am besten von Sebastian Soria. Der Dribbelkünstler wartet trotz guter Leistungen noch immer auf seinen ersten Turniertreffer.

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