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Da geht noch mehr. Der deutschen Nationalmannschaft um Isabelle Linden (r.) fehlte im ersten EM-Spiel gegen die Niederlande die Kreativität, um ein Tor zu erzielen. Foto: dpa

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Sport: Planlos zum Punkt

Deutschlands Fußballerinnen kommen zum EM-Auftakt nicht über ein 0:0 gegen die Niederlande hinaus.

Die große Vorfreude verwandelte sich schnell in puren Stress, das erste Erlebnis bei der Europameisterschaft passte für die deutschen Fußballerinnen so gar nicht zum schönen schwedischen Sommerabend. Beim 0:0 im ersten Gruppenspiel in Växjö gegen die Niederlande entging der siebenmalige Titelträger der ersten EM-Niederlage seit 20 Jahren. Vor 8 861 Zuschauern verdiente sich Torfrau Nadine Angerer einen Bestnoten. Sie rettete dem Team des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) mit spektakulären Paraden einen Punkt. Im vierten Spiel der EM war es das vierte Remis, zuvor hatten in Gastgeber Schweden (1:1 gegen Dänemark) und Norwegen (1:1 gegen Island) bereits zwei andere Titel-Mitfavoriten unerwartet Punkte abgegeben.

Das Team von Bundestrainerin Silvia Neid trat insgesamt überlegen auf, wobei die besseren Torchancen auf der Seite des Gegners lagen. Die junge deutsche Mannschaft agierte schlichtweg zu hektisch. Das Urteil, bei der Elf handele es sich um „junge Wilde“, traf weitgehend zu. Mit höchstem Engagement, aber letztlich planlos wurden viele Aktionen dem Zufall überlassen. Am Sonntag trifft das DFB-Team auf Norwegen, erneut in Växjö, bevor am Mittwoch in Kalmar das dritte Gruppenspiel gegen Island folgt.

Ungeduldig hatten die deutschen Frauen dem Start nach der wochenlangen Vorbereitung entgegengefiebert. Neid hatte nur eine Änderung gegenüber dem letzten Test, dem 4:2 gegen Weltmeister Japan, vorgenommen. In der Abwehr meldete sich Annike Krahn nach Muskelproblemen im Oberschenkel fit. Die 89-malige Nationalspielerin übernahm den Platz von Luisa Wensing. Mit der für Paris St. Germain spielenden Krahn standen nur noch drei Spielerinnen in der Startformation, die bei der WM vor zwei Jahren das Eröffnungsspiel gegen Kanada bestritten hatten. Nur Torfrau Nadine Angerer und Stürmerin Celia Okoyino da Mbabi waren von damals noch dabei.

Die Mannschaft mit vielen neuen, teilweise unerfahrenen Spielerinnen legte ein scharfes Tempo vor, aber die Niederländerinnen hielten mit. Kaum eine europäische Frauen-Mannschaft hat in den letzten Jahren einen so großen Sprung gemacht wie die Holländerinnen, die noch unmittelbar vor Spielbeginn von Neid gelobt wurden. „Sie haben immer einen Plan, wissen ganz genau, was sie wollen. Sie sind nach vorne sehr gefährlich und haben schnelle, flinke Angreiferinnen.“ Schon vor vier Jahren war das Team überraschend ins EM-Halbfinale vorgestoßen, inzwischen agiert es viel offensiver. Angerer bekam dies mehrfach zu spüren. Zwar dominierte das DFB-Team die Partie, doch vor dem Tor fehlte zu häufig die Präzision. Die beste Torchance hatte der Gegner, als Kapitänin Angerer den Schuss der für Duisburg spielenden Lieke Martens über die Latte lenkte. Kurz darauf musste die 118-malige Nationalspielerin noch einmal energisch nach einem Kopfball von Kirsten van de Veen zupacken.

Der zweimalige Weltmeister hatte die besten Torchancen durch Okoyino da Mbabi und Lena Lotzen, die beide an Hollands Torfrau Loes Geurts scheiterten. Die beste Gelegenheit der ersten Halbzeit vergab nach einem fast perfekten Angriff die gebürtige Ungarin Dzsenifer Maroszan, die den Ball kurz vor der Pause am gegnerischen Tor vorbeischob.

In der Halbzeit besetzte Neid mit Simone Laudehr anstelle von Nadine Kessler den Platz neben Lena Gößling auf der Doppel-Sechs neu. Die Weltmeisterin von 2007 brachte Schwung und sorgte mit einem Distanzschuss gleich für Gefahr. Das Spiel aber verflachte, die deutschen Frauen büßten ihre Dominanz ein. Eine hundertprozentige Chance erhielt Manon Melis, als sie allein auf Angerer zustürmte. Aber die demnächst in Australien spielende Fränkin blieb mit einer Fußabwehr auch in diesem Duell die Siegerin, sie bewahrte den DFB vor der Niederlage (63.) – ein enttäuschendes Resultat für die erfolgsverwöhnten deutschen Frauen.

Gregor Derichs

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