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Sport: Potenzial, das kaum zu halten ist

Die TSG Hoffenheim hat nach dem vierten Sieg hintereinander beste Chancen, von der Regionalliga in die Bundesliga durchzustarten

Hoffenheim beginnt an der Sinsheimer Straße 42 und befindet sich in einer Übergangswelt. Derzeit rast der Fußballklub TSG 1899 durch Raum und Zeit und mit ihm der 3000-Seelen-Ortsteil von Sinsheim. Was für die einen nach Horrorvision klingt, ist für andere ein modernes Märchen. Die unglaubliche Reise eines Dorfvereins hinauf in die Bundesliga. Mit dem 2:0 über den SC Freiburg, dem vierten Sieg im vierten Spiel des Jahres 2008, ist das wahrscheinlicher geworden.Einen Punkt liegt die TSG noch hinter Platz drei. Eigentlich ist der Aufstieg erst für später geplant. Aber auch das würde man in Hoffenheim regeln, wie man alles regelt. Man würde vorübergehend in die Arena von Waldhof Mannheim umziehen, bis das eigene Stadion im Januar 2009 fertig ist.

Gleich hinter dem Ortsschild beginnt die Übergangswelt. An einer Tankstelle verteilt eine Dame im blauen TSG-T- Shirt im Auftrag des aufstrebenden Klubs Eintrittskarten an auswärtige Besucher. Der Verkaufsraum ist etwa so groß wie ein Spind der Bayern-Kicker in der Allianz-Arena. Im Januar 2009 beginnt die Zukunft. Sie steht direkt an der A 6 gegenüber dem Technikmuseum mit dem ausrangierten Modell einer Concorde als Hingucker: Das neue Stadion von 1899, rund 40 Millionen Euro teuer, Fassungsvermögen 30 000 Zuschauer.

Dietmar Hopp, der Mann, dem sie das alles zu verdanken haben, thront wie ein König im alten „Dietmar-Hopp-Stadion“, als die Tore gegen Freiburg fallen. Die Fenster seiner Loge sind weit geöffnet. Unter ihm sitzen Marketingchef Jochen Rotthaus und Bernhard Peters, Chef der Nachwuchsausbildung, der Deutschland zweimal zum Hockey-Weltmeister machte. Auf der Trainerbank sitzt Ralf Rangnick, Architekt des Traums, den alle träumen: das Projekt mit dem Bundesligaaufstieg abzuschließen. Das Geld dafür gibt Milliardär Hopp. Er kauft Spieler, in dieser Saison für 20 Millionen, so viel wie im deutschen Profifußball sonst nur die Bayern und Wolfsburg, und steckt dazu ein Vielfaches in die Jugendarbeit.

Wenn der Aufstieg gelingt, wird der Klub neue Spieler kaufen. Bisher waren es Perspektivspieler, keine arrivierten Stars. Sondern Leute wie der Brasilianer Eduardo, 20 Jahre alt, der Senegalesen Demba Ba, 22, und der Nigerianer Obasi, 21. Freiburgs Trainer Robin Dutt sagt von ihnen: „Die haben in der Zweiten Liga nichts verloren. Die gehören in die Bundesliga.“ Vor kurzem warnte er sogar die Bayern vor dem Hoffenheim der Zukunft. „Da ist Potenzial, das kaum zu halten ist.“ Die Zukunft hängt neben der Trainerkabine. Ein Foto des Stadionneubaus, das alle vier Wochen erneuert wird. Gerade für die Jungstars aus dem Ausland, die für die Provinz begeistert werden müssen, soll das eine Motivationshilfe sein. „Wo sind die Leute?“, fragte Obasi erschrocken, als er zum ersten Mal vor 3000 Zuschauern spielen sollte. Rangnick zeigte ihm das Foto mit dem neuen Stadion.

Seit der Winterpause hat das Projekt an Fahrt aufgenommen. Keiner lacht mehr über Ralf Rangnick, der sich im Gegensatz zu anderen traute, in die Regionalliga abzusteigen, um von dort an die Spitze aufzusteigen. Am Dienstag geht es mit 4700 Fans in 71 Bussen zum Pokalviertelfinale nach Dortmund. Abfahrt am Bahnhof Hoffenheim, unweit der Tankstelle.

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