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Sport: Radfahren als Geduldsspiel Wo Zabel antritt, ist er vorne

Stefan Nimke holt bei der Bahnrad-WM in Stuttgart den Titel im 1000-m-Zeitfahren Dritter Sieg für den Radprofi innerhalb von nur drei Tagen

Stuttgart (dpa/Tsp). Mit Stefan Nimke war nicht unbedingt zu rechnen. Nach seinem zweiten Platz bei den Olympischen Spielen in Sydney hatten schließlich zahlreiche kleinere und größere Verletzungen immer wieder für Rückschläge gesorgt. Doch jetzt, als es drauf ankam, meldete sich Nimke zurück: in Bestform. Mit einer eindrucksvollen Vorstellung sicherte er sich bei der BahnradWeltmeisterschaft in Stuttgart den Titel im 1000-m-Zeitfahren. Mit dem deutschen Rekord von 1:01,225 Minuten raste der Schweriner am Donnerstag zur ersten Goldmedaille. „Das ist einfach Wahnsinn“, sagte der 25-Jährige. Platz zwei ging an den Australier Shane Kelly in 1:01,356 Minuten vor dem Franzosen Arnaud Tournant (1:01,644).

Stefan Nimke musste früh auf das 285-m-Holzoval. Als dritter von insgesamt 21 Startern legte er die Bestzeit vor, an der sich alle Konkurrenten danach vergeblich maßen. „Ich bin das erste Mal unter 1:02 Minuten gefahren und habe dazu den deutschen Rekord verbessert. Das ist weit mehr, als ich insgeheim erhofft hatte“, sagte der Schweriner. Die alte Bestmarke hielt mit 1:01,447 Minuten der Berliner Sören Lausberg, für den es aber diesmal in 1:02,198 Minuten nur zum achten Rang reichte.

Für Stefan Nimke war das Rennen ein reines Geduldsspiel. Unruhig beobachtete er die Konkurrenten bei ihrer Fahrt. Schon als er die Bronzemedaille sicher hatte, ballte er auf seinem Rad die Faust. Die sichere Silbermedaille nahm der Schweriner dann schon fast emotionslos zur Kenntnis. Als jedoch Titelverteidiger Chris Hoy (Großbritannien) langsamer als er über den Zielstrich fuhr, kannte sein Jubel keine Grenzen mehr. Stefan Nimke riss sich seine Baseball-Kappe vom Kopf, reckte beide Arme in die Höhe und ließ sich im Aufwärmraum von seinen Kontrahenten beglückwünschen.

Seine Lebensgefährtin Marlen und weitere 3000 Zuschauer feierten ihn mit stehend dargebrachten Ovationen. Noch bei den deutschen Meisterschaften Ende Mai an gleicher Stelle war Nimke in des Wortes Sinne am Boden und musste kurzfristig passen. Ein Hexenschuss setzte ihn damals im Innenraum der Schleyerhalle außer Gefecht. „Da bin ich förmlich vom Rad gefallen. Ich wollte mit elegantem Schwung absteigen, das hätte ich wohl besser nicht machen sollen“, erzählte er. Schon im Jahr zuvor hatte er bei den Weltmeisterschaften in Kopenhagen nicht antreten können, weil ihm sein Rücken ebenfalls heftige Schmerzen bereitete. „Das kommt von der extremen Haltung auf dem Rad. Es zwickt und zwackt noch immer, aber nicht mehr so extrem. Das behindert mich jedenfalls jetzt nicht mehr so“, sagte der Schweriner.

Nicht minder als die Rückenprobleme plagten Stefan Nimke mentale Blockaden. Diese sind inzwischen gelöst. „Mir ist nach dem letzten Tief so einiges bewusst geworden. Ich habe mich mit Bundestrainer Detlef Uibel und meinem Trainer Ronald Grimm zusammengesetzt. Aber das wichtigste ist, dass ich es selber will. Vieles im 1000-m-Zeitfahren ist Kopfsache. Und das freie Fahren ist das Beste, was man machen kann“, sagte der gebürtige Hagenower.

Zusätzlich angespornt hat ihn auch die familiäre Situation. Da war zum Beispiel die Geburt seiner Tochter Luise am 26. Juli vorigen Jahres. „Dadurch hat sich für mich einiges verändert. Ich mache viele Sachen jetzt bewusster, denn ich trage ja auch Verantwortung. Ich will ja von meinem Sport leben“, sagte Nimke. Mit so einer Goldmedaille lässt sich’s sicher besser leben.

Neuss (sid) Die Siegesserie von Erik Zabel (Unna) nach der Tour de France geht weiter: Der Deutsche Meister gewann am Mittwoch auch das Rundstreckenrennen „Tour de Nüss“ in Neuss. Zabel hatte bereits am Montag im niederländischen Boxmeer und am Dienstag in Krefeld zwei internationale Rundstreckenrennen für sich entscheiden können. Vor 25 000 Zuschauern in Neuss triumphierte der 33-Jährige im Sprint vor dem Mettmanner Sven Teutenberg aus Jan Ullrichs Team Bianchi und Lokalmatador Andreas Beikirch, der das Rennen im Vorjahr gewonnen hatte. Rang vier nach 81 Kilometern ging an Olaf Pollack (Kolkwitz/Team Gerolsteiner) vor Jens Voigt aus Berlin (Credit Agricole).

Gut erholt von der Tour zeigte sich auch Jan Ullrich: In Stiphout gewann er in der Nacht zum Mittwoch bei einem Kriterium gegen den Sprinter Alessandro Petacchi (Italien) und wurde vom Publikum im Ziel begeistert gefeiert. In der letzten Runde des 100-km-Rennens hatte sich der 29-Jährige Ullrich vom Feld abgesetzt.

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