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Sport: Revierderby: Träumen vom Triple gegen Schwarz-Gelb

Populistischer hätte Schalkes Manager Rudi Assauer das Motto des 116. Revierderbys gegen Borussia Dortmund nicht formulieren können.

Populistischer hätte Schalkes Manager Rudi Assauer das Motto des 116. Revierderbys gegen Borussia Dortmund nicht formulieren können. "Wir haben die historische Chance, den BVB drei Mal in einer Saison zu schlagen", sagt jener Assauer, der sonst immer betont hat, "wenn wir unser Saisonziel erreichen, können wir gegen den BVB verlieren". Saisonziel Europacup hin oder her, Schalke hat in dieser Saison 4:0 im Hinrundenspiel im Westfalenstadion und 2:1 im DFB-Pokal daheim im Parkstadion gewonnen.

Die Vollendung des königsblauen Triples über Schwarz-Gelb würde den Fanartikel-Händlern einen reißenden Absatz bei "Ich war dabei"-T-Shirts bescheren. Zumal dieses Derby ein historisches ist. Zum letzten Mal treten beide Teams im Parkstadion an. Im Sommer zieht Schalke in die Arena Auf Schalke um, das reine Fußballstadion, gleich neben dem für die WM 1974 gebauten alten Oval.

Fast ebenso selten wie die aktuelle Schalker Erfolgsbilanz gegen den BVB kamen bei den Derbys im Parkstadion Spitzenspiele wie das am Sonnabend zustande. Denn diesmal treffen zwei Meisterschaftskandidaten aus dem Ruhrgebiet aufeinander. Zuvor waren die Rollen des Favoriten und des Außenseiters eindeutig verteilt. Erst zwei Jahre nach dem Schalker Einzug ins Parkstadion 1973 bescherte ein DFB-Pokallos das erste Derby in der neuen Arena. Mühsam hielten die Blau-Weißen den Zweitligisten Borussia Dortmund mit 2:1 nieder. Auch ein Jahr später gab es keine echte sportliche Rivalität. Schalke konnte am letzten Spieltag mit einem Sieg über den Aufsteiger aus der Nachbarstadt noch Meister werden. Klaus Fischer und Co. siegten mühelos mit 4:2, doch die erhoffte Schützenhilfe von Bayern München blieb aus. Borussia Mönchengladbach holte beim 2:2 im Olympiastadion den benötigten Punkt zum Titel.

Den Vorsprung auf Borussia Dortmund verspielten die Schalker durch Machtkämpfe um Günter Siebert, der erst Präsident, dann bezahlter Manager und schließlich arbeitslos war. 1978 schoss Manfred Burgsmüller mit zwei Toren nicht nur den ersten BVB-Sieg im Parkstadion heraus. Er leitete damit auch den Rollentausch im Ruhrgebiet ein. Zu den blau-weißen Bundesligaabstiegen 1981 und 1983 trugen die Schwarz-Gelben mit zwei 2:1-Erfolgen nachbarschaftlich bei. Das Spiel am 5. März 1983 bot gleichzeitig die hässlichsten Szenen des Derbys. Minutenlang lieferten sich Hooligans beider Lager vor dem Anpfiff eine Schlägerei auf der Tartanbahn - angefeuert von 40 000 Schaulustigen aus beiden Lagern.

Nach dem sofortigen Wiederaufstieg zogen die Gelsenkirchener mühelos an den inzwischen hoch verschuldeten Dortmundern vorbei, die regelmäßig um den Klassenerhalt bangen mussten. Die Fußballrezession der achtziger Jahre machte aber auch vor dem Derby nicht halt. Ganze 27 000 Zuschauer sahen am 10. Dezember 1985 beim 6:1 den höchsten Schalker Triumph über die Borussia.

Die nächste Derbypause war nicht weit, weil sich nun die Schalker finanziell übernahmen und 1988 zum dritten Mal abstiegen. Als Schalke 04 drei Jahre später in die Erste Liga zurückkehrte, waren die Dortmunder an der nationalen Spitze etabliert und mit Millionen-Transfers auf dem Weg in die europäische Spitze. "Könnt Ihr Euch erinnern? 5:2!" Der Gelsenkirchener Hohngesang in Richtung BVB-Anhänger in Anspielung an den sensationellen Sieg am 24. August 1991 im Parkstadion blieb neben einem 2:0 im Westfalenstadion 1992 einzige trotzige Replik auf das nun einsetzende schwarz-gelbe Trophäensammeln.

Für Schalker blieb das Derby das Spiel des Jahres, die international geforderten Borussen gingen mit immer weniger Emotionen an die Sache heran - und mit immer mehr Erfolgen. Doch dann schaffte auch Schalke überraschend den Sprung in den Europacup. 1997 eroberten beide Clubs 1997 die Europapokale in der Champions League (Dortmund) und im Uefa-Cup (Schalke). Die Hoffnung auf ein großes Derby der beiden Europacupsieger wurde aber prompt enttäuscht. Das folgende Bundesligaspiel im Parkstadion war trotz eines Höhepunkts - der Schalker und Ex-Dortmunder Ingo Anderbrügge wurde eingewechselt und schoss das einzige Tor - ein echter Langweiler.

Thomas Spiegel

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