zum Hauptinhalt

Sport: Ribbeck-Nachfolge: Daum steht zur Doppellösung bereit

Die voreilig entbrannte Suche nach einem Nachfolger für Erich Ribbeck hat für Entrüstung im deutschen EM-Aufgebot gesorgt und erste Differenzen zwischen den Verantwortungsträgern des deutschen Fußballs erkennen lassen. Als besonders geschmacklos empfand es das EM-Team um Ribbeck, dass DFB-Vizepräsident Gerhard Mayer-Vorfelder bereits im EM-Quartier in Vaals Gespräche mit dem Nachfolge-Favoriten Christoph Daum führte und nicht - wie ursprünglich vorgesehen - in seiner Funktion als EM-Delegationsleiter das Team im Mannschaftsbus zum letzten EM-Gruppenspiel gegen Portugal nach Rotterdam begleitet hatte.

Die voreilig entbrannte Suche nach einem Nachfolger für Erich Ribbeck hat für Entrüstung im deutschen EM-Aufgebot gesorgt und erste Differenzen zwischen den Verantwortungsträgern des deutschen Fußballs erkennen lassen. Als besonders geschmacklos empfand es das EM-Team um Ribbeck, dass DFB-Vizepräsident Gerhard Mayer-Vorfelder bereits im EM-Quartier in Vaals Gespräche mit dem Nachfolge-Favoriten Christoph Daum führte und nicht - wie ursprünglich vorgesehen - in seiner Funktion als EM-Delegationsleiter das Team im Mannschaftsbus zum letzten EM-Gruppenspiel gegen Portugal nach Rotterdam begleitet hatte. Stattdessen wurden mit den Verantwortlichen von Bayer Leverkusen bereits Modelle bis ins Detail besprochen, wie der noch bis 2001 an den Werksverein gebundene Daum als Bundestrainer und Klubcoach tätig werden kann.

Postwendend meldete Leverkusens Rivale FC Bayern München Widerstände an. Manager Uli Hoeneß sprach von Panik, die jetzt ausgebrochen sei, und kritisierte "die vielen Schlaumeier, die nun die schnelle Lösung parat haben". Zugleich forderte er die Beteiligung des FC Bayern und anderer Vereine an der Bundestrainer-Entscheidung nach der anstehenden Urlaubszeit. "Wenn alle zurück sind, sollten sie ihre Gedanken bündeln. Dann werden sich die drei, vier großen Klubs mit den zukünftigen Verantwortlichen des DFB zusammen setzen und Entscheidungen fällen", sagte Hoeneß: "Jetzt, wo das Kind in den Brunnen gefallen ist, reden sie alle auf einmal drauflos." Hoeneß warnte Mayer-Vorfelder vor Alleingängen, wie sie DFB-Chef Egidius Braun im September 1998 nach dem Rücktritt von Berti Vogts bei der Ribbeck-Verpflichtung praktiziert hatte. "Die Art und Weise, wie die letzte Entscheidung getroffen wurde, war der Anfang der Situation, vor der wir jetzt stehen", sagte Hoeneß. Ein "telefonisches Rundspruchverfahren" dürfe sich nicht wiederholen.

Das Einbringen der eigenen Interessen war den Leverkusenern zu diesem Zeitpunkt schon gelungen. Im DFB-Quartier "Kastell Vaalsbroek" - die Mannschaft war gerade nach Rotterdam aufgebrochen - fanden sich Daum, Bayer-Manager Rainer Calmund, Sportdirektor Rudi Völler und andere Bayer-Mitarbeiter ein, um die nächste Bundesliga-Saison zu besprechen. Aber die Leverkusener nutzten die Möglichkeit, um mit Daum-Freund Mayer-Vorfelder die Situation zu erörtern, die mit dem EM-Ausscheiden des DFB-Teams und Ribbecks Abgang eintritt. "Wir brauchen nicht um den heißen Brei herumzureden. Wir haben die gesamte Problematik diskutiert", gab Daum nach dem Meeting zu. Gleich zu Beginn hätte ihm Calmund allerdings verinnerlicht, dass er seinen Vertrag bei Bayer 04 Leverkusen bis zum 30. Juni 2001 zu erfüllen habe.

"Sie haben mir klar gemacht, dass ich bleiben muss", sagte Daum. Doch damit muss dem 46-jährigen Bayer-Coach der Zugriff auf das Bundestrainer-Amt nicht verwehrt bleiben. Mit Mayer-Vorfelder, der am Wochenende erklärt hatte, auch eine "Interimslösung" sei bei der Ribbeck-Nachfolge denkbar, diskutierten die Leverkusener die "Doppel-Lösung". Dass sich Daum damit schon intensiv beschäftigt hat, machte er im ZDF deutlich. Man müsse für diesen Fall den "Belastungsplan studieren" und prüfen: "Inwieweit trägt die Bundesliga das mit." Befürchtete "Wettbewerbsvor- oder nachteile" zwischen den Vereinen müssten ausführlich im Vorfeld diskutiert werden. Der Bundestrainer- Job sei "keine Aufgabe, vor der ich mich drücke". Daum regte allerdings auch an, dass der DFB prüfen solle, seine konservative Haltung bei den Einstellungskriterien eventuell aufzugeben. "Warum soll man nicht einen Ausländer nehmen?", fragte er.

Nicht nur aus München, sondern auch von Bayer-Manager Calmund wurde erneut Giovanni Trapattoni ins Spiel gebracht. Der ehemalige Coach des FC Bayern sei geeignet als Ribbeck-Nachfolger, meinte Calmund. Mit seinen Ausführungen, dass der Italiener für Daum den "Platzhalter" spielen soll, machte er deutlich, dass die Vergabe des Bundestrainer-Amtes zu einem Personalpoker werden könnte. "Ich kann mir vorstellen, dass Trapattoni für zwei Jahre zum Bundestrainer gemacht wird. Am 1. Juli 2002 könnte dann Daum hauptamtlicher Nationalcoach werden", sagte Calmund.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false