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Sport: Risse einer Karriere

14 Monate konnte Herthas Dennis Cagara nicht spielen – jetzt hat der Verteidiger wieder Hoffnung

Manchmal sucht Dennis Cagara die Schuld in den Genen. Zweimal ist ihm die Achillessehne gerissen, und das mit gerade 22 Jahren. Auch der ältere Bruder hat so eine Verletzung in seiner Krankenakte, und der Vater hat von Tagen erzählt, in denen er kaum auftreten konnte, weil die Sehne so sehr schmerzte. „Irgendwas muss da in unserer Familie sein“, sagt Cagara. Die rechte Achillessehne hat ihn 14 Monate seiner Karriere als Fußballprofi gekostet. Vor einer Woche hat der dänische Verteidiger bei einem Test das erste Mal seit zwei Jahren wieder für Hertha BSC gespielt. Beim Trainingslager im burgenländischen Stegersbach quält er sich für ein Comeback. Es ist ein weiter Weg.

Die Achillessehne ist die dickste und stärkste des menschlichen Körpers, und es ist noch gar nicht so lange her, dass ein Riss gleichbedeutend war mit dem Ende der Karriere. Demnach wäre für Cagara schon zweimal alles vorbei gewesen. Seine Krankengeschichte beginnt am 6. Mai 2006. Cagara spielt für Dynamo Dresden und bereitet sich auf das Spiel gegen LR Ahlen vor. Es soll sein letzter Auftritt im Harbig-Stadion sein, die Rückkehr zu Hertha ist beschlossene Sache. Er erinnert sich noch an die Lockerungsübungen, er springt auf und ab, und bei der Landung schmerzt der Fuß. Hat er das typische Geräusch gehört, den Peitschenknall der reißenden Sehne? Kann sein. Er will weiterlaufen, aber es geht nicht. Die Diagnose Achillessehnenriss steckt er gut weg, auch die Operation, nicht aber die anschließende Behandlung des Dresdener Mannschaftsarztes. Heute weiß Dennis Cagara, dass eine lädierte Sehne keine Spritzen verträgt.

Nach acht Monaten Rehabilitation fährt Cagara mit Hertha ins Trainingslager nach Österreich, aber das Laufen fällt ihm schwer. Er bricht das Training ab, die Sehne hält nicht, Cagara muss noch einmal operiert werden. Die Reha mit täglichem Muskelaufbautraining ist anstrengend, aber am unangenehmsten empfindet er den Verlust des Balles. Denn Dennis Cagara liebt das Spiel, und ein Tag ohne Fußball ist für ihn kein guter Tag. Er schaut sich die Videos seiner früheren Spiele an. Das Uefa-Cup-Debüt mit 17 Jahren bei Bröndby Kopenhagen unter Michael Laudrup. Sein erstes Bundesligaspiel nach dem Wechsel zu Hertha, am 23. März 2004, gegen Bayern München. Hans Meyer wechselt ihn für Marko Rehmer ein, und das Publikum im Olympiastadion freut sich über das flinke Bürschchen, das auf der linken Seite dem großen Zé Roberto davon flitzt. Cagara hat keine Angst vor großen Namen.

In Berlin aber kommt er auf der linken Seite nicht an Malik Fathi vorbei. Cagara braucht Spielpraxis und lässt sich für eine Saison nach Dresden ausleihen, er wird auf Anhieb Stammspieler in der Zweiten Liga. Kurz vor der Abreise zur U-21-EM nach Portugal reißt die Sehne. Er belastet den Fuß zu stark und erleidet einen Ermüdungsbruch. Es wird nichts mit dem Comeback. Cagara fällt für die gesamte Saison 2006/2007 aus.

Wie ist das mit der Psyche? Hat er nicht Angst vor einer Grätsche, vor einem unbeabsichtigten Tritt, vor einem Foul? „Nein“, sagt Cagara. „Ich habe keine Angst und bewege mich ganz natürlich. Das Problem ist die Kraft.“ Die Muskulatur hat gelitten, die rechte Wade ist deutlich dünner. Seine große Stärke war immer die Schnelligkeit, „aber zurzeit bin ich nur bei 70, vielleicht 80 Prozent“. Für die Bundesliga ist das zu wenig.

Trainer Lucien Favre hat ihn dennoch mit ins Trainingslager genommen. Der Schweizer mag Cagaras Mut, seinen frechen Stil, seine Spielintelligenz. Favre sagt aber auch: „Wenn du ein halbes Jahr verletzt warst, brauchst du danach noch mal ein halbes Jahr, bis du dein Niveau wieder erreicht hast.“ Cagara hat ein Jahr und zwei Monate ausgesetzt, aber er mag sich auf keine Rechenspiele einlassen. „Wissen Sie, ich bin ein positiv denkender Mensch. Ich glaube fest daran, dass ich es schaffen kann“, und zwar nicht erst in 14 Monaten. Sein Vertrag bei Hertha BSC läuft bis Juni 2008.

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