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Sport: Rotation zwischen den Pfosten

Warum Unions Trainer Votava die Torhüter im Wechsel spielen lässt

Von Karsten Doneck, dpa

Be rlin . Der Mann hat Prinzipien. Eiserne Prinzipien. Als Mirko Votava seinen Trainerjob beim 1. FC Union antrat, hat er sogleich festgelegt, dass er, was die Aufstellung der Mannschaft angehe, keine revolutionären Änderungen plane. Er setzte auf Bewährtes, also auch auf Robert Wulnikowski als Torwart, Sven Beuckert drückte die Ersatzbank. Eine Entscheidung, die Votava nach den Eindrücken der ersten Trainingswochen schon relativierte. „Ich habe zwei gute Torhüter, da könnte ich auch an jedem Spieltag die Münze werfen“, sagte Votava. Die Münze hat er nicht geworfen. Statt Torwart-Lotterie zu spielen, ist er vielmehr im einwöchigen Trainingslager auf Mallorca noch mal in sich gegangen und fand eine Lösung, wie er „beide Torhüter bei Laune halten kann“. Jetzt wird rotiert. Die ersten beiden Spiele der Rückrunde stand Wulnikowski zwischen den Pfosten, heute (15 Uhr) bei Unions Auswärtsspiel in Oberhausen hütet Sven Beuckert das Tor. Auch nur zweimal, dann ist Wulnikowski wieder dran. „Und dabei bleibt es jetzt erstmal“, sagt Votava stur.

„Wir haben uns vor dem ersten Rückrundenspiel gegen Mainz zusammengesetzt, und da hat der Trainer gesagt, dass jeder seine Chance bekommt“, sagt Beuckert, der seit der Pokal-Niederlage am 5. November in Unterhaching die unbefriedigende Rolle des zweiten Torwarts ausübte. Beuckert war ein pflegeleichter Ersatzmann. Nie hat er öffentlich seine Unzufriedenheit kundgetan, er hat nie gestichelt gegen Wulnikowski. „Wieso denn auch?“, sagt Beuckert, und das klingt so selbstbewusst, als sei seine Rückkehr ins Union-Tor so natürlich wie der Wechsel von Regen zu Sonne.

Dabei hat Beuckert dafür mächtig geschuftet. Der 29-Jährige ist normalerweise ein sehr fröhlicher, offener Mensch. Aber wie er da in den vielen Trainingsstunden selbst auf hartgefrorenen Plätzen nach den Bällen, auch nach den unerreichbaren, hechtete, das ließ eine bei ihm bisher ungeahnte Verbissenheit erkennen. „Er hängt sich rein“, sagte Votava anerkennend. Der Union-Trainer beobachtete ohnehin die ganze Torwartsituation mit Genugtuung. „Die pushen sich gegenseitig hoch. Nichts ist doch schlimmer, als wenn der eine sich ausruhen kann.“

Beuckert hat noch einen anderen Grund, sich besonders reinzuknien. Sein Vertrag läuft am Saisonende aus. Dass Union in der Winterpause mit seinem Konkurrenten Wulnikowski die Zusammenarbeit bis Juni 2005 verlängert hat, mit Beuckert aber nicht, ließ darauf schließen, dass der Verein in der Torwartfrage klare Prioritäten setzt. Präsident Heiner Bertram beteuert indes, auch Beuckert halten zu wollen: „Der bekommt natürlich auch ein Angebot von uns.“ Die Verhandlungen ruhen jedoch, „bis wir 40 Punkte haben“ (Bertram). Das ist mithin die vermutete Grenze, an der die Abstiegsgefahr endet.

Mirko Votava geht jetzt zweifellos mit seiner im Profifußball unüblichen Torwart-Rotation ein hohes Riskio ein. Was ist, wenn Sven Beuckert in Oberhausen in entscheidender Situation patzen sollte? Die Verantwortung liegt dann nicht allein beim Torhüter, sondern auch beim Trainer. Der hat freilich im Vorfeld keinerlei Bedenken. Nachdem Robert Wulnikowski zuletzt daheim gegen Waldhof Mannheim mit zwei schönen Abwehraktionen Union das 1:1 gerettet hatte, wurde Votava gefragt, ob er diesen Mann trotzdem rausnehmen wolle. Der Trainer konterte: „Ach, wissen Sie, ich bin davon überzeugt, dass der Sven Beuckert diese Bälle auch abgewehrt hätte.“

Beuckert selbst fühlt sich vor seinem Auftritt am Sonntag in Oberhausen „nicht aufgeregt“. Auf Unions Homepage im Internet nörgelten einige Fans bereits über Wulnikowskis vorübergehende Ablösung herum. Aber ein gewisser „Boone“ hielt tapfer dagegen. Er schrieb: „Also ick kann mich daran erinnern, dass Herr Beuckert auch beim letzten Spiel in O’hausen im Tor gestanden hat, und wir (trotzdem) 3:0 gewonnen haben, also etwas mehr Optimismus bitte.“

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