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Sport: Sanfter Umbruch

SCC-Volleyballer wollen am Stamm festhalten

Von Karsten Doneck, dpa

Berlin - Wenn Jan Günther aufschlug, kam Stimmung auf. In der Sömmeringhalle riefen die Fans „Paule, Paule!“ – das ist der Spitzname von Jan Günther. Und auf dem Feld hofften die Volleyballer des SC Charlottenburg, dass ihr Jan „Paule“ Günther durch eine Aufschlagserie vielleicht wichtige Punkte machen würde.

Jan Günther, 28, ist eine Frohnatur, stets lächelnd, für jeden Spaß zu haben. Das Lachen ist ihm im vorigen August vergangen. Am zweiten Trainingstag der Saisonvorbereitung hatte er sich verletzt. Achillessehnenabriss, so die niederschmetternde Diagnose. Fünf Monate brauchte er zur Genesung, danach war sein Stammplatz weg. Günther, der GuteLaune-Onkel, war unzufrieden. Ohne ihn trat das Team oft ungewöhnlich emotionslos auf. Auch das ist ein Grund dafür, warum der SCC in dieser Saison als Meisterschaftsvierter blamabel weit hinter den eigenen Vorgaben zurückblieb.

„Es fehlte der Teamgeist, die Geschlossenheit“, analysierte Kaweh Niroomand. Dass der Manager die Mannschaft trotzdem im Kern beisammen halten will, ist umso erstaunlicher. „Es wird einen Umbruch geben“, behauptet Niroomand zwar, aber er fügt gleich hinzu: „Vielleicht nicht auf den Positionen der ersten Sechs.“ Da sucht der Verein lediglich Ersatz für den nach Italien abwandernden Robert Kromm. Ansonsten bemüht sich der SCC um Spieler, die den etablierten Kräften in Zukunft etwas mehr Dampf machen. Die Strategie, innerhalb der Stammformation durch neue Gesichter die alte, festgefahrene Hierarchie zu verändern, verfolgt Niroomand nicht: „Wir haben doch – vom Ende mal abgesehen – eine souveräne Saison gespielt.“

Wie der Einbruch passieren konnte, darüber muss auch Trainer Mirko Culic den SCC-Verantwortlichen Auskunft geben. Eine Trennung von Culic kommt für Niroomand nicht in Betracht, obwohl aus der Mannschaft heraus dem Trainer der Vorwurf gemacht wird, er habe nach der Champions League „einfach nicht mehr die Spannung aufrecht erhalten können“, wie ein SCC-Spieler sagt, der nicht namentlich genannt werden will.

Das langfristige Ziel, den Saisonetat auf eine Million Euro anzuheben, kann der SCC auch noch nicht realisieren. In Kürze wird zwar der Vertrag mit einem neuen Sponsor abgeschlossen, der Etat steigt indes nur geringfügig: von bisher 650 000 auf etwa 700 000 Euro. Das ist keine wirkliche Verbesserung, allenfalls eine Anpassung an die üblichen Kostensteigerungen, der Handlungsspielraum des SCC wird dadurch kaum größer.

Noch eine Gefahr besteht: Im europäischen Verband gilt die Regelung, Meister und Pokalsieger für die Champions League zuzulassen; sind Meister und Pokalsieger identisch, darf der Verlierer des Pokalfinales teilnehmen.Vor drei Jahren hat sich allerdings der Deutsche Volleyball-Verband eine Sonderregelung genehmigen lassen, nach der aus heimischen Landen Meister und Vizemeister an der Champions League teilnehmen. Noch überlegt Evivo Düren, ob man im Falle des erwarteten Scheiterns im Meisterschaftsfinale gegen den VfB Friedrichshafen das Startrecht in der Champions League wahrnimmt. Wenn ja, müsste der SCC im untergeordneten CEV-Pokal starten. „Sehr, sehr bitter“ wäre das, sagt Niroomand. Schwere Zeiten also für den SCC – nicht nur für Jan „Paule“ Günther.

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