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Sport: Scheibenwischer für Rehhagel

KAISERSLAUTERN .Mit dieser traurigen Vorstellung hat sich der Betzenberg sicher nicht als Spielort für die WM 2006 empfohlen, sondern eher ein neues Stück fürs Pfalztheater geschrieben.

KAISERSLAUTERN .Mit dieser traurigen Vorstellung hat sich der Betzenberg sicher nicht als Spielort für die WM 2006 empfohlen, sondern eher ein neues Stück fürs Pfalztheater geschrieben.Das lag weniger an den ungleichen Kräfteverhältnissen auf dem Rasen.Die seltsamen Szenen spielten sich am Rande der Lehrstunde des FC Bayern München im Champions-League-Viertelfinale (0:4) ab.Szenen, in denen sich zeigte, wie eigenwillig der 1.FC Kaiserslautern seine Rolle als Gastgeber interpretiert.Bei manchem brach derart offen eine Art Verfolgungswahn hervor, daß Bayern-Manager Uli Hoeneß mit hochrotem Kopf gar eine offizielle Entschuldigung verlangte.

Die Pfälzer haben an diesem Abend viele wie einen Kasper behandelt: Schiedsrichter Urs Meier, den Pressemitarbeiter der UEFA, Markus Siegler, beide aus der Schweiz, Ottmar Hitzfeld und den Sat-1 Reporter Jörg Dahlmann.Wie Rumpelstilzchen hatte Robert Wischemann auf der Tribüne herumgetobt.Dieser Schiedsrichter sei gekauft, soll er dort so laut gebrüllt haben, daß es selbst Franz Beckenbauer und Uli Hoeneß gehört haben."Warum schicken die einen zum Lernen hierher, der hat ja erst in der zweiten Hälfte die Abseitsregel begriffen", pöbelte Wischemann.Nun ist der Funktionär nicht nur der bekannteste Konkursverwalter der Pfalz, sondern auch im Aufsichtsrat des FCK.Was die Sache offiziell werden läßt.Übrigens: Schiedsrichter Meier hat sein 38.großes internationales Spiel gepfiffen.

Otto Rehhagel hatte Markus Siegler schon am Vortag auf einer Pressekonferenz mit der ihm eigenen Arroganz wie einen Schulbuben behandelt.Nach der demütigenden Niederlage ging er auf Reporter Dahlmann los, der just bei dem Bundesliga-Haussender arbeitet, dem er sonst gönnerhaft Exklusivinterviews gewährt."Sie stehen sowieso mehr auf der Seite des FC Bayern, das ist ja bekannt", stichelte der Goethe-Freund vom Podium herab.Als Dahlmann empört mit dem "Scheibenwischer" konterte, brüllte Wischemann mitten in das Frage-und-Antwort-Spiel hinein: "Hier lassen Sie diese Bewegungen sofort sein, verstanden." Siegler mußte wie auf einer Vieh-Auktion im wilden Westen um Ruhe und "Respekt für die Fragen" bitten.Hitzfeld antwortete staatsmännisch kühl: "Das ist das Schöne am Fußball, jeder kann seine Meinung haben." Der Trainer muß eine erheblich schlimmere Nachricht als Rehhagels Auftritt verdauen: Sein Torjäger Giovane Elber fällt für die gesamte Saison aus.Bei der Operation in Vail (USA) stellte sich heraus, daß auch das Kreuzband des Brasilianers gerissen war.

Es war wohl alles ein bißchen viel für die rachelüsternen "Roten Teufel", die ohne Marschall, Buck, Hristov und Schjönberg das 0:2 aus dem Hinspiel aufholen wollten.Wenn dann schon nach acht Minuten alles vorbei ist, ist halt alles schwer zu begreifen.Und es gab genug Raum für Diskussionen.Als Hrutka und Jancker sich auf gut acht Metern Strecke gegenseitig am Trikot zerrten, bis der Münchner im Strafraum etwas theatralisch stürzte."Jeder Fachmann wird mir zustimmen, das war nie und nimmer ein Elfmeter", schimpfte Rehhagel.Der erste "Nicht-Fachmann", der dem Maestro widersprach, war sein eigener Libero, Ciriaco Sforza."Den Elfer kann man geben, das gibt auch der Hrutka zu", sagte der."Über rot kann man reden." Nachdem sie auf dem Spielfeld in den ersten Minuten wie wild aufeinander losgeprescht waren, konnten einige nicht verarbeiten, daß alles so schnell vorbei war."So lassen wir uns doch nicht vorführen", flehte der Hausmuezzin vom Betzenberg über die Lautsprecher.Nach Janckers 2:0 (22.) war auch der Volksfest-Animateur am Stadionmikrofon ruhig.Die Bayern führten die biedere Lauterer vor.Mario Basler tänzelte mit einer Pirouette lässig über den Ball, und Stefan Effenberg bot den "Beckenbauer-Kreisel" feil.Eine Lehrstunde, die wie ein Schock wirkte, weil alle Mechanismen, derer sie sich sonst in der Pfalz bedienen, diesmal nicht griffen.Wenn man jahrelang oft bis zur 95.Minute oder dem nächsten Tor spielen darf sowie damit kokettiert, die Schiedsrichter mit allen Mitteln einzuschüchtern und sich vor dem Spiel gegen die Bayern in "Bild" damit öffentlich rühmt, muß man sich nicht wundern, wenn es ein paar satte Backpfeifen gibt.In vier Wochen noch einmal? Dann kommen die Bayern wieder - zum Duell in der Bundesliga.

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