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Trübe Aussichten. Bayern Münchens Torwart Manuel Neuer sieht seine Kollegen derzeit nicht nur den Gegnern hinterherlaufen. Sondern auch den eigenen Ansprüchen. Foto: dpa

© AFP

Sport: Schlechter als gedacht

Nach dem 0:1 in Basel wankt der FC Bayern wieder in seinen Grundfesten.

In Zeiten der Not hilft die Besinnung auf alte Recken, so hatte Karl-Heinz Rummenigge sich das gedacht. „Ihr müsst die Herberger-Weisheit aus dem Hut zaubern: Einer für alle, alle für einen“, sprach der Vorstandschef des FC Bayern. Dass er dabei weniger Deutschlands legendärsten Bundestrainer als eher Frankreichs legendärste Degenfechter – D’Artagnan und die drei Musketiere – zitierte, war ein kleines Ärgernis im Vergleich zu der „Scheiße, in die wir uns reingespielt haben“. Das wiederum stammt weder von Herberger noch von D’Artagnan, sondern ist ein Original-Rummenigge. Formuliert nach dem 0:1 des FC Bayern im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League beim FC Basel.

Es war allerdings nicht die einzige Botschaft, die von der vierminütigen Ansprache erinnerlich blieb. „Ihr müsst wach werden, ihr müsst bös’ werden“, schrieb er den Spielern hinter die Ohren. Spätestens bis zum Heimspiel gegen Schalke am Sonntag soll das nötige Reizklima aufgebaut sein. Und die knapp drei Wochen bis zum Rückspiel gegen Basel müsse die Mannschaft nutzen, um grundsätzlich „in bessere Verfassung zu kommen. Denn am 19. Mai ist das Finale in München. Da können wir uns nicht einfach so im Achtelfinale verabschieden“.

Es war interessant zu hören, wie andere Bayern mit diesem Szenario umgingen. Trainer Jupp Heynckes versuchte zu herbergern: „Ich habe viel Erfahrung im Europapokal. Deshalb weiß ich, dass es noch ein zweites Spiel gibt.“ Einzig der Torwart sprach Klartext. Herr Neuer, wie wird das Rückspiel? „Sehr schwer.“

Dabei war dieses Spiel aus Bayernsicht durchaus ein Fortschritt gegenüber dem Aufritt in Freiburg zuvor. Ein neuerliches 0:0 hätte man als ordentliche Ausgangsposition verkaufen können. Doch dann traf kurz vor Schluss Valentin Stocker. Nun könnte schon ein Gegentor im Rückspiel zum ernsten Problem werden. „Der Druck auf Bayern ist nicht kleiner geworden“, sagte Basels Stürmer Marco Streller. „Sie reden alle vom Finale in diesem schönen Stadion. Ich sage nicht: Wir wollen in das Finale. Wir bleiben demütig und bescheiden, das können wir Schweizer. “

Und weil Demut und Bescheidenheit nicht zu den Kerntugenden der Bayern gehören, wankt dieser Verein nun schon wieder in seinen Grundfesten. „Ich frage mich: Was ist passiert seit Weihnachten?“, sagt Rummenigge. Eigentlich gar nicht so viel. Es zeigt sich aber nun, da der Alltagstrott die Heynckes-Euphorie aufgezehrt hat, dass die Substanz der Mannschaft wohl nicht so gut ist, wie die Bayern-Bosse nach den Verpflichtungen von Jerome Boateng und Rafinha geglaubt haben. Das gilt für die fußballerische, vor allem aber auch für die psychische und die soziale Ebene. „Es ist eine sehr schwierige Phase“, klagt Mario Gomez. „Man sieht das jedem Spieler an. Jeder hat einen Rucksack auf.“

Zudem sorgen Undiszipliniertheiten für Unruhe. In Basel war es mal wieder Franck Ribéry, der seine Auswechslung als Majestätsbeleidigung begriff und Heynckes den Handschlag verweigerte. Ottmar Hitzfeld, Bayern-Intimus, Ribéry-Kenner und Fernsehexperte, bewertete die Szene so: „Da stimmt einiges nicht. Es ist für einen Trainer immer ein Problem, wenn ein Führungsspieler sich nicht so vorbildlich verhält, wie er soll. “

Nach dem Spiel soll es in der Kabine auch zu heftigen Schuldzuweisungen der Spieler gekommen sein. Ist das der erste Hinweis auf ein sich formendes Reizklima, wie Rummenigge es sich wünscht? Dazu sagen wollte keiner etwas. Zurück bleibt der Eindruck, dass persönliche Animositäten die sportliche Leistung stören.

Vielleicht hätte ein gemütlicher Filmabend therapeutische Wirkung. „Die drei Musketiere“ würden sich anbieten.

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