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Sport: „Schlechter kann es nicht werden“

Mannschaftskapitän Dick van Burik über Herthas Krise, das Potenzial der Mannschaft und sein Verhältnis zu Trainer Stevens

Herr van Burik, Sie haben seit der Niederlage gegen Hannover geschwiegen. Wer soll denn etwas sagen, wenn nicht Sie, der Mannschaftskapitän?

Es gab eine klare Absprache. Wir hatten am Sonntag, also am Tag nach der Niederlage, ein Krisengespräch im Büro des Managers. Und da haben wir im Mannschaftsrat gesagt: Wir halten den Mund, bis sich das alles beruhigt hat. Jetzt ist es soweit.

Dann verraten Sie uns doch mal, warum Sie – als Kapitän – nicht gespielt haben.

Fragen Sie den Trainer.

Das haben wir schon, aber was hat er Ihnen gesagt?

Schauen Sie: Ich wusste, dass diese Frage kommt. Der Kapitän nicht auf dem Platz, da kann doch was nicht stimmen! Ich hatte am Dienstag ein Gespräch mit dem Trainer, den wollte ich vorher sprechen, auch deshalb habe ich geschwiegen.

Die Begründung, bitte.

Naja, er hat da nicht so Unrecht. Beim Pokalspiel in Reutlingen war ich verletzt und die Mannschaft hat gut gespielt, gut gestanden. Er wollte sie nicht durcheinander wirbeln, das habe ich verstanden.

Und damit geben Sie sich zufrieden?

Nein, um Gottes Willen, ich fahre doch nicht ins Stadion, setze mich auf die Ersatzbank und denke: So, alles gut, das Spiel kann beginnen. Natürlich bin ich unzufrieden.

Schadet das Ihrem Standing in der Mannschaft?

Ich denke nicht. Würde ich spüren, dass die Jungs mich nicht ernst nehmen – kein Problem: Dann gebe ich die Binde wieder ab.

Und – hören die Kollegen auf Sie?

Ja, ich kenne die Mannschaft sehr lange, ich bin ja nun seit sechs Jahren hier. Da entsteht Vertrauen, und das spüre ich. Ich trage gerne Verantwortung und ich werde das weiterhin tun.

Aber das Verhältnis zu Stevens ist doch bestimmt …

… in Ordnung! Wir hatten ein ehrliches Gespräch, das war wichtig. Schauen Sie, ich bin fast 30 Jahre alt, denken Sie, ich habe vor so einem Gespräch Angst? Soll ich das in mich hineinfressen? Das wäre nicht souverän. Genauso, wenn ich Ihnen sagen würde, was wir besprochen haben. Das bleibt intern.

Wie wollen Sie Verantwortung übernehmen, wenn Sie nicht spielen?

Erst einmal gehe ich davon aus, dass ich in Bochum spiele. Ich übernehme aber auch Verantwortung auf dem Trainingsplatz, wie übrigens auch vier, fünf andere Spieler. Das reicht. Wenn jeder auf dem Platz quatschen würde, wären wir ein Hühnerhaufen.

Beim Training wird es mit jedem Tag lauter.

Wir sind lange zu leise, zu brav gewesen. Schauen Sie, heute die Szene, mit Alexander Mladenow, als der den Ball führt, läuft Michael Hartmann neben ihm. Dann mischt sich Niko Kovac ein …

… und ruft: „Hau ihn um, Hardi!“

Das meine ich, diese Aggressivität. Das darf aber nicht nur im Training passieren. Da kommt leider zu wenig, nicht nur von Niko, auch von Artur Wichniarek, von mir, wir können alle mehr. Wenn wir unser Potenzial abrufen, sind wir eine sehr gute Mannschaft. Aber wir rufen das nicht ab.

Woran liegt das?

An den Länderspielen schon mal nicht. Wir würden es einfach machen, zu sagen: Oh, da sind 14 Nationalspieler weg, wir können uns nicht einspielen, das Programm ist zu hart. Das sind Ausreden. Schlechter kann es nicht mehr werden. Wenn wir aber den Fußball spielen, den wir alle beherrschen, dann gewinnen wir in Bochum. Wir spielen hier in Berlin, bei Hertha, da landet man nicht umsonst. Wir müssen halt die Köpfe freikriegen.

Eine Floskel.

Ja, aber sie trifft den Kern unseres Problems. Ich bin erfahren genug, aber wir haben auch junge Spieler.

Verraten Sie uns doch mal, wie der Mannschaftskapitän den Kopf freibekommt.

Ich bin am liebsten bei meinen drei Töchtern. Wir gehen dann mit meiner Frau ins Schwimmbad. Oder in den Zoo. Die Kleine steht am liebsten bei den Affen oder den Löwen. Das ist das Schöne: Die Mädels interessiert es nicht, ob du verloren hast. Die haben dich immer lieb, wenn du nach Hause kommst.

Das Gespräch führte André Görke.

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