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Sport: Schlünz macht Schluss

Hansas Trainer tritt nach 0:6 gegen Hamburg zurück

Von Karsten Doneck, dpa

Nach dem Abpfiff verharrte Juri Schlünz erst einmal regungslos neben der Bank. Seine Miene war versteinert, seine Haltung aufrecht, irgendwie noch würdevoll. Der Trainer des FC Hansa Rostock muss sich in diesen Sekunden sehr einsam gefühlt haben. Selbst die Fans, die ihn vor dem Spiel noch mit „Juri, Juri“-Sprechchören gefeiert hatten, zogen schweigend heimwärts. Rostock gegen den Hamburger SV: 0:6 (0:3) lautete das Endergebnis. Es war Rostocks höchste Niederlage in der Bundesligageschichte, und sie hatte im Ostseestadion allen die Sprache verschlagen – außer den mitgereisten HSV-Fans natürlich. Schlünz ging schließlich gemessenen Schrittes Richtung Kabine. Und dort verkündete er, was keinen mehr überraschte: Der 43-Jährige trat von seinem Trainerposten zurück. „Alle standen immer hinter mir, auch die Fans, aber ich möchte das Vertrauen nicht missbrauchen“, sagte er. Seit 37 Jahren ist Schlünz im Verein, wie es mit ihm weitergeht, wusste er selbst noch nicht.

Die Rostocker waren schon vor dem Spiel nach sechs Heimspielniederlagen in Serie Tabellenletzter. Schlimmer geht’s nicht, mögen sie gedacht haben. Und irrten. Selbst Thomas Doll, der Trainer des HSV, zeigte Mitleid. „Meine Freude ist gedämpft, das tut ja fast ein bisschen weh“, sagte er. Doll hat zwischen 1984 und 1986 selbst bei Hansa gespielt, gemeinsam mit Schlünz. Der fand zum Abschied deutliche Wort für die Leistung seiner Elf. „Das war eine Offenbarung und den Fans nicht zuzumuten. Eine Katastrophe.“

Bereits zur Pause hatte Hansa durch Tore von Benjamin, Jarolim und Takahara 0:3 zurückgelegen. Als dem HSV kurz nach der Pause das 4:0 durch Moreira gelang, war für die Hansa-Fans die Grenze erreicht. „Wir haben die Schnauze voll“, sangen sie, ohne jedoch Publikumsliebling Schlünz anzugreifen. Die Hansa-Profis, von Anfang an verunsichert, kämpften zwar, begingen aber teilweise Bundesliga-unwürdige Fehler. Damit luden sie ihren Gegner zu einem flüssigen Spielaufbau ein. Wiederum Jarolim und der eingewechselten Romeo trafen schließlich zum Endstand.

Gleich nach dem Spiel bat Schlünz darum, ihn von seinem Cheftrainerposten zu entbinden. „Wir bedauern diese Entwicklung außerordentlich“, sagte Hansas Vorstandsvorsitzender Manfred Wimmer. Wer Nachfolger wird, steht noch nicht fest. Weil man bislang geschlossen hinter Schlünz gestanden habe, hätte man auch nicht mit anderen Trainern verhandelt, sagte Wimmer. Das Auslaufen der Hansa-Profis heute leiten die bisherigen Trainerassistenten Wolfgang Funkel und Perry Bräutigam. Doch egal wer Hansa jetzt noch vor der Zweiten Liga bewahren soll, er wird angesichts der sechs Punkte Rückstand auf einen Nichtabstiegsplatz eine äußerst schwierige Aufgabe übernehmen.

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