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Sport: Schluss mit Schweinshaxen Ewald Lienen fordert mehr Disziplin in Mönchengladbach

Mönchengladbach. Die Profis von Borussia Mönchengladbach sind in ihren Stollenschuhen längst über die Betontreppe hinunter ins Stadion entschwunden, das Fernsehteam aus den Niederlanden ist versorgt, nun wartet ein halbes Dutzend älterer Herrschaften auf Ewald Lienen am Bökelberg.

Mönchengladbach. Die Profis von Borussia Mönchengladbach sind in ihren Stollenschuhen längst über die Betontreppe hinunter ins Stadion entschwunden, das Fernsehteam aus den Niederlanden ist versorgt, nun wartet ein halbes Dutzend älterer Herrschaften auf Ewald Lienen am Bökelberg. Fans. Die von damals. Einer hat Lienens Autogrammkarte aus jenen Zeiten mitgebracht, als Lienen nicht Trainer, sondern ein politisch engagierter Fußballer mit dunklem Bart und schulterlangen Haaren war. „Ja, da sahen wir alle noch anders aus", sagt Ewald Lienen. Er signiert sein altes Porträt und klopft dem Autogrammjäger zum Abschied auf die Schulter.

Dann läuft auch der neue Chefcoach der Borussia vorbei am Porträt von Hennes Weisweiler die Stufen hinunter ins Stadion. Unten tritt er seine Schuhe sauber, bis auch der letzte Grashalm abgefallen ist, macht Dehnübungen und sagt, dass ihn die Vergangenheit hier „auf Schritt und Tritt“ verfolge. Zwei Mal für je vier Jahre hat er zwischen 1977 und 1987 für Gladbach gespielt, holte unter Trainer Udo Lattek den Uefa-Pokal. „Das ist, wie nach Hause zu kommen“, sagt er. „Ein sehr schönes Gefühl.“ Überhaupt nicht schön waren dagegen die Schmährufe der VfL-Fans gegen Lienens Vorgänger Hans Meyer gewesen. Erst beim Spiel gegen Schalke vor einer Woche konterten die ersten mit Meyer-Gesängen – zu spät, Meyer hatte seinen Rücktritt längst beschlossen.

Schwieriges Verhältnis zur Presse

Lienen steht direkt vor der Nordtribüne, dem Lieblingsplatz der Borussia-Anhänger. Spätestens seit seinem dritten und letzten Jahr beim 1. FC Köln darf man auch ihm getrost ein schwieriges Verhältnis zur Boulevardpresse nachsagen. Meyers zermürbenden Kleinkrieg mit der „Bild“-Zeitung will sich der einstige Pädagogik-Student und Friedenskämpfer allerdings ersparen. „Es ist immer schlecht, wenn Druck da ist“, sagt er. Lienen sucht also Kooperation statt Konfrontation und geht damit konform mit der neuen Vereinsstrategie. Wobei er beim Abendessen mit Meyer und Sportdirektor Christian Hochstätter am vergangenen Sonnabend durchaus von fehlender Unterstützung seitens der Vereinsspitze erfahren hat. „Jeder im Vorstand muss wissen, dass ein schiefer Satz allein schon eine Einladung für Journalisten und Spieler ist, am Trainer zu zweifeln.“ Lienens Hinweis richtet sich speziell an Adalbert Jordan. Deutet doch einiges darauf hin, dass Mönchengladbachs Präsident Meyers Intimfeind Markus Münch zu Besprechungen schon mal zu sich nach Hause eingeladen hat; zudem wird gemunkelt, dass Jordan „Bild“ zwei Stunden vor dem Spiel gegen Schalke über Meyers Rücktritt informierte.

Jetzt wurde Jordan im Zuge des Trainerwechsels auf erhöhte Loyalität eingeschworen. „Ich hoffe, jetzt haben es endlich alle verstanden“, sagt der neue Trainer. Wünschenswert wäre es für ihn, will Lienen doch nicht nur den Klassenerhalt mit der Borussia schaffen, sondern am Bökelberg an seinem wenig schmeichelhaften Image arbeiten: Bisher hat der Trainer Lienen mit seinen Mannschaften nach einem guten Start fast immer einen jähen Absturz erlebt – in Duisburg, in Köln und in Rostock war das so.

Erste Kontrolle der Detailarbeit

Eine Gesetzmäßigkeit will Lienen dahinter nicht erkennen und will daher auch nichts an seinen Prinzipien ändern: Er teilt der Mannschaft gleich am ersten Tag seine „Disziplinarordnung“ mit. Lienen will dafür sorgen, dass „keine Schweinshaxe oder so was“ auf den Tisch kommt. „Wir achten jetzt auf jedes Detail“, sagt Lienen. Eine erste Kontrolle der Detailarbeit gibt es beim Heimspiel gegen Dortmund. „Natürlich gibt es schwächere Gegner“, sagt Lienen. „Trotzdem geht es für uns nicht darum, nicht zu verlieren, sondern zu gewinnen.“

Dem niederländischen Fernsehteam hat Lienen in diesem Zusammenhang etwas klar gemacht: „Bei euch muss man schon sehr schlecht spielen, um abzusteigen. In Holland gibt es doch nur einen Absteiger.“ Das ist in Deutschland in der Tat anders.

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