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Sport: Schnelle Runden zur Ablenkung

Die Verantwortlichen in der Formel 1 und ihre Fahrer sind davon überzeugt, dass eine Rennabsage in Malaysia falsch wäre

Von Karin Sturm

Kuala Lumpur. In den Zeitungen des Landes fehlt es nicht an Aufrufen, „den USA und der amerikanischen Bevölkerung“ wegen des Irak-Krieges die Meinung zu sagen – ausgehend von obersten Regierungsstellen. Gleichzeitig heißt man die Formel 1 in Malaysia mit Quasi-Staatsempfängen willkommen. Die Formel 1 als das Symbol kapitalistischen und westlichen Sports schlechthin ist genau zum Zeitpunkt des Kriegsausbruchs Gast in einem muslimischen Land. Und alle Beteiligten machen sich ihre Gedanken.

Und das nicht zum ersten Mal. Schon einmal, nach dem 11. September 2001, kursierten Überlegungen und Forderungen nach Absagen, damals von Monza und Indianapolis. Michael und Ralf Schumacher gehörten damals zu denjenigen, die offen zugaben: jetzt Rennen zu fahren, da fühlen sie sich nicht wohl. Und heute? Michael Schumacher differenziert: „Es ist sehr traurig, was da passiert, ich hätte mir – wie wohl alle – gewünscht, dass dieser Krieg vermieden worden wäre. Besonders bitter finde ich, dass jetzt schon so lange darüber geredet wurde, wie und wann er stattfinden wird, dass man sich eigentlich schon fast daran gewöhnt hat, dass er da ist." Wie damals sieht es Schumacher aber nicht als die Aufgabe der Fahrer an, darüber zu entscheiden, unter welchen Umständen ein Rennen stattfinden sollte: „Sicher habe ich auch davon gehört, dass Tiger Woods einen Start bei einem Turnier in Dubai abgesagt hat. Aber solche Dinge sind Sache eines Einzelnen, man muss sehen, dass in der Formel 1 eine große Organisation dahinter steht. Wenn, dann müsste Max Mosley für die Fia so eine Entscheidung treffen.“

Im Übrigen sieht Schumacher zumindest das Risiko für die Formel 1 geringer als in den Tagen nach dem 11. September: „Damals war man doch sehr überrascht, das war alles Neuland, diese Form von Gefahr – jetzt weiß man besser, woher eine Bedrohung kommen könnte, ist vorbereitet, sind die entsprechenden Sicherheitsmaßnahmen vorhanden." Auch Ralf Schumacher teilt die Meinung seines Bruders, „dass wir Formel-1-Piloten durchaus nicht mit so geschlossenen Augen durch die Welt gehen, wie uns immer wieder mal vorgeworfen wird. Wir interessieren uns durchaus für solche Themen, die ja schließlich alle betreffen“. Er findet es aber auch richtig, dass hier gefahren wird: „Ich fühle mich hier sehr sicher – und auch willkommen. Auch wenn Malaysia ein muslimisches Land ist, habe ich die gleiche Herzlichkeit und Freundlichkeit der Leute gespürt wie in den Jahren zuvor auch."

Der unterschiedliche kulturelle Hintergrund der internationalen Formel-1-Welt spiegelt sich in der Einstellung von Juan-Pablo Montoya wider: „Ich bin Kolumbianer, mein Land lebt seit 30, 40 Jahren praktisch im Kriegszustand. Jeden Tag, wenn man die Zeitung aufschlägt, liest man von Bomben, Morden, Entführungen. Ich glaube, für die Europäer, die so etwas nicht gewöhnt sind, ist das ein viel größerer Schock, mit einem Krieg konfrontiert zu sein. Für mich als Kolumbianer ist es immer eine sehr wichtige Seite, den Menschen in meinem Land durch meinen Sport, durch meine Erfolge auch etwas Positives, etwas Freude zu schenken.“

Der Brasilianer Rubens Barrichello denkt in die gleiche Richtung: „Gerade in Zeiten, wo so etwas Trauriges geschieht, müssen wir mit dem weitermachen, was anderen Freude bereitet. Wir müssen gerade jetzt die schönen Dinge des Lebens betonen – um die Menschen überall ein bisschen abzulenken. Ansonsten können wir nur hoffen und beten, dass der Krieg schnell vorbei ist. Wir können es nicht beeinflussen."

BMW-Motorsportdirektor Theissen ist für eine klare Trennung von Sport und Politik, „auch wenn wir uns in einer kritischen Situation befinden. Aber wir sind hierher gekommen, um den Fans in Asien eine gute Show zu bieten, und das werden wir auch tun“.

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